1856 -
Darmstadt
: Diehl
- Autor: Curtman, Wilhelm Jakob Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
141
seine Heilkraft behält. Wenn man es einsammelt, darf es sich
blos bis zur Hälfte seiner Grösse ausgebildet haben, muss schmu-
tzig schwarz aussehen und noch gar nicht oder nur wenig krumm
gebogen sein; die Furchen auf der Oberfläche müssen noch flach,
das Innere muss von weisser Farbe und der Geruch und Ge-
schmack weniger widerlich sein, als bei dem reifen Mutterkorn.
Dergleichen Mutterkorn wirkt, besonders frisch gepulvert und an-
gewendet, schnell und kräftig. — Das Mutterkorn heisst auch noch:
Hungerkorn, Afterkorn, Martinskorn, Brandkorn, Erdenkopf, Todten-
kopf, Kornmutter, Hahnensporn.
102. Das Gift.
Mann. Was hat das Kind da in dem Munde? Geschwind,
nimm es ihm weg, Mutter! Das ist giftig.
Frau. Giftig? Was fallt dir ein? Es ist ja ein Spielzeug,
das ihm das Chriftkindchen bescheert hat.
Mann. Einerlei! Die Farben an den Spielsachen, besonders
die grünen, sind alle verdächtig.
Frau. Nun, ich habe es ja weggenommen. Aber ich glaube
meine Lebtage nicht, daß Dergleichen giftig ist.
Mann. Ich wünsche, daß du es nie erfahrest. Es ist besser,
vorbeugen. Allein andere Leute haben die traurige Erfahrung gemacht.
Die Kinder, die Dergleichen abgeleckt haben, haben Leibschmerzen be-
kommen, sind abgezehrt und elend gestorben.
Frau. Du machst Einem ganz angst. Wer wird aber giftige
Farben an die Spielsachen nehmen? So gewissenlos ist gewiß kein
Mensch.
Mann. Mancher versteht es nicht, Mancher sieht aber auch vor
Gewinnsucht nicht, welches Unheil er anstiftet. Auch sterben nicht ge-
rade alle Kinder, denen das Gift schadet, manche kränkeln nur, ohne
daß man weiß warum.
Frau. Ihr wollt aber auch den Spielsachen Alles aufbürden.
Das meiste Unglück kommt gewiß anderswoher.
Mann. Das sage ich auch. Die meisten Menschen vergiften
ihre Kinder mit Essen, theils weil sie ihnen Zuviel geben, theils weil
sie keinen Unterschied machen zwischen dem Essen der Erwachsenen und
dem der zarten Kinder. Und mit dem Trinken ist es noch ärger. Ich
habe gesehen, daß ein Vater seinen achtjährigen Knaben mit einem
Glase Branntwein erfreute.
Frau. Aber der Wein schadet doch Nichts?
Mann. Auch der Wein schadet, nur weniger, und weil er theuer
ist, kommt er nur an die Kinder der Vornehmen. Aber selbst der Essig
kann vergiften.
Frau. Bei dir ist aber auch Alles giftig.
Mann. Ich will nicht davon reden, daß der häufige Genuß des
Essigs überhaupt bleich und mager macht, sondern von der Gefahr,
daß das Küchengeschirr durch den Essig Grünspan zieht. Laßt in
einem kupfernen oder messingenen Geschirre Salat oder sonst etwas
Saures nur eine Nacht stehen, und es hat sich Grünspan gebildet und