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1. Das Vaterland - S. 187

1856 - Darmstadt : Diehl
187 wachs nicht gar groß war. Da führte die Vorsehung diesen verwil- derten Leuten hinter einander zwei vortreffliche Geistliche zu, durch deren Bemühungen das Schicksal des Thales eine ganz andere Wen- dung nahm. Der erste hieß Stüber und trat im Jahr 1750 sein Amt an. Das Erste, wonach er sich erkundigte, war die Schule. Man führte ihn in eine elende Hütte, wo geschäftslose, lärmende Kin- der zusammengedrängt waren. Er fragte nach dem Lehrer. Man zeigte ihm einen alten Mann, der im Winkel auf einem Bette lag. Sind Sie der Schullehrer? fragte der Pfarrer. — Ja. — Was leh- ren Sie die Kinder? — Nichts. — Nichts? Wie soll ich Das ver- stehen? — Weil ich selber Nichts weiß, antwortete der Mann unbe- fangen. — Und wie konnten Sie denn Schulmeister werden? — Nun ich hatte viele Jahre lang die Schweine im Dorfe gehütet, und als ich zu alt und zu schwach dazu geworden war, schickte man mich hier- her, die Kinder zu hüten. — Ähnlich fand es auch der Pfarrer in dem andern Dorfe. Selbst lesen lernten die Kinder nicht, weil es die Lehrer selbst nicht ordentlich verstanden. So sehr war das Steinthal hinter der übrigen Welt zurückgeblieben, und so waren damals auch an anderen Orten die Schulen und die Lehrer gegen jetzt vernachlässigt. Pfarrer Stübers erste Sorge war, den Schulunterricht zu verbessern, Was ihm um so schwerer wurde, da das Schullehreramt sein Ansehn so sehr verloren hatte, daß keiner der geachteten Einwohner seinen Sohn diesem Berufe widmen mochte. Ebenso große Schwierigkeiten machte die Einführung eines Abcbuchs. Manche Leute meinten in den Sylben und Wörtern, die den Kindern zum Lesen vorgelegt würden., sei eine Ketzerei oder Zauberei verborgen. Dennoch hatte nach 6 Jahren der brave Pfarrer Soviel gewonnen, daß ein Schulhans errichtet war und selbst die Erwachsenen in Sonntcrgsstunden und Winterabenden Unter- richt erhielten. Allein Stüber wurde auf eine andere Stelle als Pfarrer versetzt, und sein Nachfolger setzte das angefangene Werk nicht fort. Da hielt es der edle Stüber für Gewissenspflicht seine einträgliche Stelle zu verlassen und wieder in das Steinthal zurückzukehren und die Ar- muth mit feiner Gemeinde zu theilen. Als ihm jedoch seine Frau starb, suchte er eine Predigerstelle in der Stadt, jedoch nicht ohne vorher für einen zuverlässigen Nachfolger gesorgt zu haben. Dieser war Johann Friedrich Oberlin. Gerade weil die Pfarrstelle im Steinthal schlecht, die Arbeit aber groß war, weil ernstliche Hülfe dort noth that, ging Oberlin hin. Seine religiöse Begeisterung führte ihn anfangs einige- mal zu weit, so daß die Bauern unwillig über ihn waren, aber seine Offenbeit, seine Demuth, feine Thätigkeit für das öffentliche Wohl be- sänftigten ihren Unwillen. Man folgte ihm, weil er überall sebst Hand anlegte und sich selber niemals schonte. Einer seiner ersten Plane war, Verbindungswege zwischen dem Steinthal und den benachbarten Städten zu öffnen. Denn da die Bewohner weder Absatz für ihre Erzeugnisse finden, noch selbst die nöthigen Ackerbauwerkzeuge sich verschaffen konnten, so begnügten sie sich mit dem dürftigsten Unterhalt und hatten für öffentliche Zwecke nie Etwas übrig. Oberlin versammelte seine Pfarrkinder, schlug ihnen vor, einen Verbindungsweg zu der nach Straßburg führenden Heer- straße zu bauen. Zu diesem Zwecke mußten Felsen gesprengt, ein
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