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1. Das Vaterland - S. 249

1856 - Darmstadt : Diehl
— 219 Er kaufte neue Schulbücher und bestellte einen armen Studenten zum Unterrichte. Es fanden sich nach und nach mehrere Kinder ein, und da die Bürger sahen, wie wohl diese Kinder unterrichtet waren, so wünschte Mancher von ihnen, daß auch seine Kinder an diesem Unterrichte Theil nabmen, und bezahlte dafür ein wöchentliches Schulgeld. So wuchs die Zahl der Kinder im Sommer bis auf 60. Da der Winter sich uahete, und die Gaben zunahmen, so miethete Franke 2 Stuben tu seines Nach- bars Hause für die Schule, trennte die armen Kinder von den zahlen- den Bürgerskindern, weil die Bedürfnisse sehr verschievcn waren, und setzte für sede Schule einen Lehrer ein. Nachdem diese zwei Sch rilen eine Zeit lang bestailden hatten, merkte Franke wohl, daß manchen Kin- dern auch mit der Schule nicht geholfen fei, tind daß nur eine Armen- Erziehungsanstalt ein Baterhaus slir sic werden konnte. Der Gedanke ward bald zur That. Franke wollte sich aus 4 Geschwistern ein Kind aussuchen um damit anzufangen; allein wie er alle 4 in gleichem Elend und gleich bedürftig der Hülfe sah, unterließ er das Wählen und nahm alle vier. Er brachte sie bei guten Bürgern unter, und bezahlte für sedes wöchentlich '/* Thlr. Bald vermehrte sich die Zahl seiner Waisen bis auf 12. Zum Aufseher setzte er über diese Kinder eineil Studenten, llnd dieselbe wohlwollende Hand, welche einige Zeit vorher 500 Nthlr. ihm eingehändigt hatte, überlieferte ihm im Winter 1695 die Summe von 1000 Rthlrn., womit nun scholl Biel ausgerichtet werden konnte; linter Andern ward auch des Nachbars Haus erkauft. Bald bauete er 2 Stuben daran, ulld brachte die 12 Waisenkinder darill unter. Dies war der erste Anfang des Höllischen Waisenhauses. Als sich die Waisen vermehrten, so setzte man einen besonderen Hauswirth uild kochte nicht blos für die Waisenkinder, sondern auch für arme Studentell, aus denen man die Lehrer nahm. Bald ward es nöthig, das nächst angrenzende Haus dazu zu kaufen und mit dem ersten zu verbinden. Die Armcn- schule ward allmählig in 4 Klafsell getheilt, 2 für die Mädchen und 2 für die Knabell. Einige Jahre nachher kam eine besoildere Schule für Solche hinzu, welche studiren wollten, und erhielt gleich zu Anfang 3 Klassen. Im Frühjahr 1698 waren 100 Kinder im Waisenhause ohne die Schüler, und 75 arme Studenten wurden dariil gespeist, so daß mit den angestellten Beamten täglich 200 Menschen in dem Hause ihren Tisch hatten. Franke kaufte jetzt ein großes Haus mit Garten und einem ausgedehnten davor liegenden Platze für fast 2 000 Rthlr. und beschloß ein für seine Anstalten zweckmäßiges Haus zu bauen, obgleich er dazu kein Geld hatte. Doch legte er den Grundstein zu deui jetzigen Waisen- hause und setzte den Bau so ernstlich fort, daß das Gebäude bald unter Dach gebracht und 1700 bezogen ward. Es ist wahrhaft wunderbar, wie die unsichtbare Halld Gottes Franke bei diesem Bau unterstützte. Denn oft hatte er keinen Pfennig, wenn er Hunderte von Thalern aus- zahlen sollte; aber doch fügte es sich stets so, daß, wenn Geld unum- gänglich nöthig war, auch Etwas ankam. Im innern Hofe des Waisen- hauses, auf einem erhöheten Platze, zu welchem eine Treppe führt, hat man diesem Stifter des Hallischen Waisenhauses ein Denkmal errichtet. Franke, stehend im Predigergewande, ist von zwei Kindern ungleichen Alters umgeben. Den Dank beider Kinder sucht Franke von sich abzu- lehnen, indem seine Hand nach oben zeigt, woher die Hülfe gekommen
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