1857 -
Waldenburg
: Selbstverl. G. Leo
- Hrsg.: Leo, Gottlob Eduard, ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelisch-lutherische Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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du sollst nicht andere Götter haben neben mir.
nicht andere Götter haben neben mir! Blicken wir auf
die Völker der Heiden, wie so schrecklich ist unter denselben der Zu-
stand der kleinen Knaben und Mädchen, Nicht genug, daß z. B.
die Buschmänner im südlichen Afrika, die von Gott nichts wissen,
wenn sie von einem Orte zum andern ziehen, ihre alten Aeltern
in der Einöde zurücklassen, so daß dieselben bald vom Hunger auf-
gerieben oder von wilden Thieren gefressen werden, auch die Mutter
vergißt dort ihres Kindes und verläßt dasselbe. Seht, dort ist der
Mensch unter das Thier herabgesunken. Denn das wilde Thier
verläßt sein Junges nicht, sondern nährt und vertheidigt dasselbe.
Schrecklicheres noch sehen wir, wenn wir nach Ostindien gehen
und an die Ufer des Ganges treten. Dort weiht oft eine Mutter
ihr Kind, ehe cs noch geboren ist, einem Götzen, und wenn nun
das Kind drei Jahr alt geworden ist, so bringt sie eö au den Fluß,
und sagt ihm, eö solle sich im Flusse baden; ja sie führt es selbst
bis zu einer gewissen Tiefe, wo dann der Fluß das Kind mit sich
fortreißt. Sie selbst setzt sich aber an das Ufer des Flusses, hört
das Klaggeschrei des Kindes und sieht ganz ruhig zu, wie daö
Kind mit den Wellen und mit dem Tode kämpft. Andere werfen
ihre Säuglinge den Crocodilen vor und sehen ruhig zu, wie diese
Ungeheuer sich um die kleinen Kinder streiten, bis eins derselben
sie verschlungen hat. — Wir wollen dem lieben Gott ja recht
danken, daß er unsern Aeltern daö Gebot gegeben hat: Du sollst
nicht andere Götter haben neben mir!
Jakob Weller.
Zur Zeit Johann Georg I. lebte in Dresden ein gelehrter und
frommer Oberhofprediger, welcher Jakob Weller hieß, Nun
herrschten damals in Dresden viele und große Laster, und auch im
Schlosse des Kurfürsten ging es nicht immer ganz ehrbar zu. Be-
sonders herrschte die Trunksucht bei Hofe, und auch der Kurfürst
hielt sich von derselben nicht frei. Da dachte Weller bei sich: „Zu
solchen offenbaren Sünden darf ich doch nicht schweigen." Er pre-
digte also in Gottes Namen gegen die Laster der Stadt Dresden,
und sagte es ganz offen, daß auch der Kurflirst imb die Diener
des Kurfürsten den Bürgern ein besseres Beispiel geben sollten. Das
wurde ihm natürlich sehr übel genommen, und selbst der Kurfürst
wurde darüber sehr aufgebracht. Da machte sich Weller auf und
ging selbst zum Kurfürsten. Als er nun vor seinem Landcsvater
stand, fragte er ihn: „Sind denn Ew. Kurfürstliche Durchlaucht
mit meiner Amtsführung zufrieden?" „Ja, antwortete der Kur-
fürst, ich bin niit Ihm zufrieden, wenn Er nur nicht gar zu hart