1857 -
Waldenburg
: Selbstverl. G. Leo
- Hrsg.: Leo, Gottlob Eduard, ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelisch-lutherische Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
]4 Du sollst den Feiertag heiligen!
lin! Die Wahl wurde mit lautem Beifallsrufen der Versammlung
bestätigt.
„Jetzt ist nun die Frage, sagte Oberlin, welches Haus und
welchen Tag wir zu unsern Versammlungen (Clubbs) wählen
wollen? Das Hans des Bruder Präsidenten hat nur eine große
Stube: die Schulstnbe. Da geht aber kaum die Hälfte von uns
hinein, besonders da auch die Weiber gern werden zuhören wollen;
int bisherigen Pfarrhaus ist auch der Raum gering, und so wußte
ich eben doch im ganzen Steinthal kein schicklicheres _ Hans zu
unseren Clubbs, als die bisherige, gewesene Kirche." — T)iebauern
gaben hierzu allgemein ihren Beifall. — „Was nun den Tag der
Versammlung betrifft, sagte Oberlin, so ist der Montag unschick-
lich, weil da Viele nach Straßbnrg zu Markte fahren, eben so
Mittwoch und Freitag. Ich dächte aber doch, der schicklichste und
bequemste Tag zu unsern Versammlungen wäre der bisherige, ge-
wesene Sonntag, und zwar vorzüglich die Vormittagszeit von ll Uhr
an." — Die Bauern gaben auch hiezu ihren allgemeinen Beifall.
Als nun die Bauern am Sonntage in die Kirche kamen, stand
der Bruder Redner in der Nähe des Altars auf ebener Erde.
„Was dünkt Euch, sagte er zu den sich Versammelnde», sollte
es nicht besser sein, ich stellte mich ans die bisherige Kanzel; wir
sind hier zu arm, uns einen besonderen Rednerstuhl machen zu
lassen und da oben könnt ihr mich besser sehen und hören." Die
Bauern billigten das.
Der neue Bruder Redner trat jetzt ans die Kanzel. Er zog
abermals den Befehl der Regierung aus der Tasche und las ihn
vor. „Die Welschen, sagte er, wollen also, wir sollen gegen
die. Tyrannen reden und über ihre Abschaffung uns berathen. Ty-
rannen sind nun in der alten Zeit solche und solche gewesen, und
die haben dieß und dieß gethan. Hier in unserem stillen Steinthal
haben wir nun freilich keinen solchen Tyrannen, es wäre also ver-
geblich, gegen einen solchen zu sprechen. Ich wüßte euch aber
dennoch Tyrannen zu nennen und zu beschreiben, die nicht blos im
Steinthal und in euer» Häusern, sondern sogar in euer» Herzen
wohnen. Und gegen diese Tyrannen (Mord, Ehebruch, Hurerei,
Fleischeslust und alles gottlose Wesen) will ich also hier reden, so
wie ich euch denn auch das beste Mittel nennen und beschreiben
will, diese Tyrannen abzuschaffen, welches kein anderes, ewig kein
anderes ist, als das dargebotene Heil in Jesu Christo."
Als der Pfarrer eine Zeit lang fortgesprochen hatte, sagte er:
„Sollte es nicht besser sein für mich und euch, dazwischen auch
' eins zu singen? Und zwar, da wir keine andere^ Lieder können,