1857 -
Waldenburg
: Selbstverl. G. Leo
- Hrsg.: Leo, Gottlob Eduard, ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelisch-lutherische Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Jesus Christus, wahrhaftiger Gott,
nie«. Die Bischöfe kamen daselbst aus allen Theilen der christli-
chen Welt zusammen, so daß nach dem Bericht des Athanasius, der
zugegen war, ihre Zahl sich auf 818 beließ Da außer deu Bi-
schöfen noch viele Presbyter zugegen waren, so betrug die ganze
Anzahl wahrscheinlich nicht weniger als 600. Sie kamen im Jahr
325 zusammen, und zwar waren ihre Reisen auf kaiserliche Kosten
geschehen. Auch wurden sie vom Kaiser unterhalten, so lange sie
beisammen waren. Ehe das eigentliche Geschäft der Kircheuver-
sammluug in Beherzigung genommen wurde, erregten einige heid-
nische Philosophen, die sich eingefunden hatten, die allgemeine Auf-
merksamkeit. Einige hatten die Absicht, ihre Neugierde, das Chri-
stenthum selbst betreffend, zu befriedigen; Andre wünschten, die Chri-
sten in eine Menge Spitzfindigkeiten zu verwickeln, und sie in
Verlegenheit zu bringen, oder das Vergnügen zu genießen, sie mit
einander streiten zu hören. Einer von ihnen zeichnete sich durch
hohe Ansprüche auf Gelehrsamkeit besonders aus und verlachte die
Christen als Unwissende. Bei dieser Gelegenheit nahm ein alter
Christ, der in den Verfolgungen große Standhaftigkeit bewiesen hatte,
übrigens aber von bett Regeln der Denklehre nichts wußte, es auf
sich, dem Philosophen zu antworten. Diejenigen, denen cö mehr
um die Befriedigung ihrer Neugierde, als um die Wahrheit zu
thun war, trugen es auf ein Gelächter an auf Kosten des alten
Mannes, indeß rechtschaffene Seelen in Kummer geriethen, einen'
so sehr ungleichen Streit entstehen zu sehen. Jedoch die Achtung
für ihn gebot, ihm seinen Willen zu lassen. Er sagte : „Höre,
Philosoph! im Namen Jesu Christi. Es ist Ein Gott, der Schö-
pfer des Himmels und der Erde, und aller sichtbaren und unsicht-
baren Dinge, der alle diese Dinge durch die Kraft seines Wortes
gemacht, und sie durch die Heiligkeit seines Geistes befestiget hat.
Dieses Wort, das wir den Sohn Gottes nennen, hatte Mitleiden
mit den Menschenkindern, die in Irrthum und Bosheit dahin gin-
gen. Er entschloß sich, von einem Weibe geboren zu werden, unter
den Menschen zu wandeln, und für sie zu sterben; und er wird
wiederkommen als Richter über Alles, was die Menschen hier in
der Welt gethan haben. Daß alles dieses so ist, glauben wir in
Einfalt; gieb dir also keine vergebliche Mühe, Dinge zu wider-
legen, die durch deu Glauben angenommen werden müssen, oder die
Art zu untersuchen, wie diese Dinge sein oder nicht sein können;
aber wenn du glaubest, so sage es mir." Betroffen durch dieses
einfältige und doch kraftvolle Zeugniß sagte der Philosoph: „Ja,
ich glaube;" bekannte sich überwunden, ermahnte die andern Phi-
losophen, seinem Beispiel zu folgen, und fügte hinzu, daß er durch