1857 -
Waldenburg
: Selbstverl. G. Leo
- Hrsg.: Leo, Gottlob Eduard, ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelisch-lutherische Volksschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Kräuter.
und bei großer Hitze, ehe du Bier oder Wasser trinkst, dir ein
Gläschen Schnaps geben läßt, so wird Niemand etwas dagegen
haben; der Schnaps dient dir dann als Medicin. Aber viele
begnügten sich mit solchem Gebrauche nicht, sondern tranken das
gebrannte und tut Munde und Gaumen brennende Wasser zu ihrem
Vergnügen, tranken dasselbe täglich itnd im Ueberfluß und tranken
sich durch dasselbe um Gesundheit, Ehre, Verstand, Vermögen und
Leben. Sehet nur so manchen, wie er, aus dem Branntweinhause
kommend, über die Straße taumelt; seht, wie seine Geberde sich
entstellt hat, welche thörichte, schändliche, gotteslästerliche Worte er
ansspricht. Uitb kommt er in das Haus, so schlägt er oft Weib und
Kind, flucht, tobt oder ergibt sich anderen schändlichen und viehischen
Lastern. Am Trunkenbold kann man recht sehen, wie die Sünde bett
Menschen in Knechtschaft bringt. Wenn er es sich schon vornimmt,
nicht mehr zu trinken, er kann es nicht lassen, tutb wenn die Stunde
schlägt, die ihn gewöhnlich abruft in das Trinkhaus, so muß er
gehen. Wie soll ihm geholfen werden? Den besten Rath gibt ein
alter, guter Vers:
Vom Weine ab, und Christo an,
So ist die Sache abgethan!
Da nunlaber die Kartoffel tu unsern Tagen so schändlich ge-
mißbraucht worden ist, und der Mißbrauch dieser edlen Frucht
so viele Menschen unglücklich gemacht hat, so wäre es nicht zu
verwundern, wenn Gott dieser Frucht seinen Segen entzöge und
dieselbe völlig mißrathen ließ in Deutschland. Der Ehrist, welcher
alle wichtigeren Begebenheiten mit Ernst betrachtet, kann auch die
K a r 1 o f f e l f ä u l e nicht mit Gleichgültigkeit ansehen. Ist's doch,
als wollte Gott dabei mit uns Deutschen handeln, wie ein ernster
Vater mit seinen Kindern. Sieht derselbe, daß seine Kinder die
schönen Gaben, welche sie aus seiner Hand empfingen, mißbrauchen,
so nimmt er ihnen dieselben. Und hat denn Gott nicht Macht,
mit dem Seinen zu thun, was er will?
Hier will ich nun gleich noch eine hübsche Geschichte mittheilen
vom ersten und zweiten Kartofselgericht in England: Bekanntlich
hat Franz Drake, ein berühmter Seemann, die ersten Kartoffeln
von Amerika nach England gesendet. Dem Freunde, welchem er
sie schickte, schrieb er zugleich, „die Frucht dieses Gewächses sei so
trefflich und nahrhaft, daß er ihren Anbau für sein Vaterland für
höchst nützlich halte." Drake's Freund ließ nun auch die Knollen,
welche Drake ihnr geschickt hatte, in die Erde legen, und wartete
nun auf Früchte, suchte dieselben aber nicht in der Erde, an den
Wurzeln, sondern oben am Kräntrich. Da es nun Herbst war,