1864 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Aber innerhalb dieses Kreises, welch' eine Lunte Landschaft, welch'
schönes Gemälde! Wie abwechselnd Thal und Berg, Wälder, Fluren
und Flüsie! Welche Menge von Höfen, Dörfern und Städten, die
allenthalben, bald mehr, bald minder versteckt, mit ihren Thürmen und
schimmernden Dächern und Zinnen einen ungemein heitern Anblick ge-
währen. Ganz nahe, dem Anschein nach nur einen Steinwurf weit^
liegt am nördlichen Fuße des Berges die Stadt Gemünd, ehemals
ein Eigenthum des hohenstaufischen Hauses. Eben so nahe, nur auf
des Berges südlicher Seite, breitet sich in einem fruchtbaren Thale das
schöne würtembergische Städtchen Göppingen aus, das gleichfalls zw
dem Besitzthum der hohenstaufischen Familie gehörte. Das frohe Ge-
fühl, in das drn Beschauer die lebendige Gegenwart versetzt, wird
getrübt bei dem Anblick so vieler in Trümmern liegender naher Berg-
schlösser, die sich rings über die niedrigen Örter erheben, und wie
Vasallen um den sie alle überragenden hohen Staufen herumstehen.
Rechberg, Staufeneck, Helfenstein, Ramsberg, Scharfenberg, Berneck,
Drachenstein waren ehemals die Sitze blühender Geschlechter, deren
Andenken sogar zum Theil nun verweht ist.
Noch mehr dringt sich der Gedanke an die Vergänglichkeit aller
menschlichen Größe deinem Geiste auf, wenn du deine nächsten Umge-
bungen betrachtest; denn von dem Stammhause der Hohenstaufen ist,
bis auf ein kleines Stück Mauer, auch die letzte Spur verschwunden,
und mit Gras und Disteln ist der Schutt überwachsen. Einsame Ziegen
weiden an den steilen Wänden des Berges und halbnackte Hirtenknaben
tummeln sich auf der luftigen Höhe, wo einst der mächtige Friedrich
der Rothbart seine Jugend verlebte. Im Bauernkriege 1525 wurde
von dem Schlosse verbrannt, was verbrennlich war. Die 7 Fuß dicke
Ringmauer desselben, zwei feste Thürme, der Buben- und der Mannsthurm
genannt, und die Thore blieben stehen und standen noch 1588. Seit
jener Zeit wurden die Steine von den benachbarten Bauern geholt, die
Thürme niedergerissen, der Brunnen verschüttet. Sie wühlten nach
Schätzen und fanden Menschenknochen, die sie verschleuderten. Die Natur
selbst scheint hier oben zu trauern über den Untergang der großen Familie,
die hier ihren Wohnsitz hatte. Menschenleer ist die Gegend, verlassen
sieht sich der Wanderer, und nur das Geläute der Heerden oder einer
nahen Kirchenglocke dringt hin und wieder zu seinem Ohr.
Am südlichen Abhange des Berges liegt das Dorf Hohenstaufen.
In der alten Kirche desselben, die schon stand, als die Staufen Könige
der Deutschen waren, ist eine kleine, niedrige Thür gegen den Berg
zu; über derselben befindet sich ein uraltes Wandgemälde, welches den
Kaiser Friedrich Barbarossa in eiserner Rüstung vorstellt; unter dem
Bilde sind einige deutsche Reime, welche sagen, daß Friedrich oft
durch diese Thür in die Kirche gegangen sei. Tiefer unter dem Dorfe
auf der Ebene ist ein dichter, großer Wald, in welchem ein paar alte,
ganz mit Moos überzogene Eichen stehen; von ihnen geht die Sage
unter den Landleuten, daß'sie aus den glanzvollen Zeiten des hohen-