1864 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
142 —
72. Der Sommer.
Im Sommer scheint die Sonne heißer als im Frühlinge. Die
vielen Blumen, welche noch blühen, das Gemüse in den Gärten und
Alles auf dem Felde schmachtet dann nach Regen. Alles bedarf der
Erquickung. Da verdunkelt sich der Himmel, der Donner rollt, Blitze
blenden das Auge, und ein wohlthätiger Regen erfrischt die durstigen
Bäume und Kräuter. Alles wächst noch einmal so schon, und der
Mensch freut sich darüber. Aber die Hitze wird noch größer, das Ge-
treide reift, es röthet sich die Kirsche. Sie wird den Wangen
des muntern Knaben ähnlich und übertrifft sie bald an frischer Farbe.
Die Stachelbeere reift mit der Johannisbeere, die Kinder pflücken sie
jubelnd ab und löschen damit ihren Durst. Doch darf man nie un-
reifes Obst essen; denn dieses ist dem Menschen schädlich.
Nach und nach wird das Laub der Bäume dunkler; das Korn
wird gelber, und der Schnitter wetzt seine Sense, um es zu mähen.
Bald liegt es abgeschnitten da; der Landmann fährt es nach
Hause, um es dort in der Scheune zu dreschen. Wie schön ist der
Sommer! Er schenkt den Kindern süße Früchte, und durch seine Wärme
reift das unentbehrliche Getreide.
Der Sommer mit heißeren Tagen
Reist, was uns der Frühling gebar,
Und bringt, wenn ermattet wir klagen,
Sanft kühlende Früchte uns dar.
73. Der Svmmermorgen.
Das Dunkel der Nacht verschwindet allmählich; es wird mit jeder
Minute heller. Ein schönes Roth schmückt im Osten den Himmel;
endlich erscheint die Sonne. Gleich einer feurigen Scheibe steigt sie
empor; mehr und mehr schwindet die Dämmerung: der freund-
liche Morgen beginnt. Ein jubelnder Chor von Sängern begrüßt
die Königin des Tages; alle Blumen öffnen ihr die duftenden Kelche,
und das Wild des Waldes verläßt erfreut seine Ruhestätten. Nur
wenige Raubvögel, wie die Eulen, und andere lichtscheue Thiere flie-
hen die wärmenden Strahlen. Höher steigt nun die Sonne und spie-
gelt sich in Millionen Thautropfen, welche gleich Perlen an Blumen
und zitternden Grashalmen hangen. Auch in Dorf und Stadt wird
es lebendig. Das Morgengeläute verkündigt den jungen Tag und
ruft zum Danke gegen Gott, der ihn uns Menschen wieder schenkte.
Dieser und jener Nachbar öffnet nun sein Fenster, schaut hinaus und
bietet dem andern freundlich einen guten Morgen. Die Kinder ver-
lassen das Bette, kleiden sich an, waschen sich sauber, frühstücken, und
wandern dann zur Schule, um hier den gütigen Vater alles Lebens
immer besser lieben zu lernen und viele nützliche Kenntnisse zu erwerben-
Niemand darf die kostbare Zeit in Müßiggang vergeuden. Auch
die Erwachsenen gehen daher vom Schlafe neu gestärkt an ihre Geschäfte.
Der Landmann zieht mit seinen Pferden singend hinaus aufs Feld;
der Hirt treibt die freudige Heerde auf grünende Triften; munter-