1864 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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in der für Preußen so unglücklichen Doppelschlacht Lei Jena und Au er-
st ädt (am 14. Oktober 1806) wurden die preußischen Heere völlig
besiegt und gesprengt. Napoleon war raschen Schrittes auf Berlin
losgedrungen und hielt schon am 27. Oktober seinen Einzug in die
trauernde Hauptstadt. In unerhörter Weise ergaben sich die Festun-
gen, und nur wenige Befehlshaber derselben hielten sich so tapfer und
standhaft wie Courbiere in Graudenz. Als die Franzosen diesem
Kommandanten sagen ließen: „Es gebe ja keinen König von Preußen
mehr!" antwortete er: „Nun, so bin ich König von Graudenz
und werde mich zu vertheidigen wissen." — Die Trümmer
des preußischen Heeres vereinigten sich hinter der Oder mit einem
russischen Hülfsheere, und zwei Tage hinter einander, am 7. und
8. Februar 1807, wurde die mörderische Schlacht bei Eilau geschla-
gen, in welcher die Preußen ihren alten Waffenruhm wieder bewährten.
Aber am 14. Juni erfolgte die unglückliche, entscheidende Schlacht bei
Friedland, in welcher Napoleon einen vollkommenen Sieg über
die verbündeten Heere der Russen und Preußen erfocht. Friedrich
Wilhelm sah sich zum Frieden genöthigt, der am 9. Juli 1807 zu
Tilsit geschloffen wurde. Preußen verlor nach diesem Friedensschluß
fast die Hälfte seines Gebietes — alle Länder westlich von der Elbe
mit 5 Millionen Einwohnern. Aus preußischen, braunschweigi-
schen, hannöverischen und hessischen Ländern bildete Napoleon
ein neues Königreich, Westphalen, mit der Hauptstadt Kassel,
und setzte darüber seinen Bruder Hieronymus als König. In Folge
des Tilsiter Friedens mußte Preußen auch eine seiner fränkischen Be-
sitzungen, das Fürstenthum Bayreuth, an Bayern abtreten, die andere,
das Fürstenthum Ansbach, war schon früher, durch Vertrag mit
Napoleon, an Bayern gelangt.
67. Napoleons Feldzug nach Rußland und sein
Sturz.
Napoleon hatte fast alle Fürsten und Völker Europa's bezwungen.
Sein Uebermuth kannte keine Grenzen; Alles sollte ihm unterthänig,
Alle seinem Willen gehorsam sein. Doch „wen der Herr stürzen
will, der wird zuvor stolz". Großbritannien und Rußland
waren noch unbesiegt und widerstrebten seiner Herrschlust. Im Som-
mer 1812 brach der Krieg gegen Rußland los. In kurzer Zeit hatte
Napoleon aus Franzosen und aus allen unterjochten Völkern ein wohl-
geübtes und vortrefflich ausgerüstetes Heer von fünfmalhunderttausend
Mann, über 187,000 Pferde und über 1300 Stück Geschütze zusam-
men. Für Preußen verursachten die Durchmärsche einen schrecklichen
Druck, und ungestraft mißhandelten viele Feinde die Landleute und
Bürger, traten sogar das liebe Brod mit Füßen. Preußen wurde ge-
zwungen, 20,000 Mann unter von Pork gegen Petersburg, und
Oesterreich 30,000 unter Fürst Schwarzenberg nach Südrußland mar-