1864 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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ihn auch so hochmüthi'g, daß er von Kaisern und Königen als im
Namen Gottes forderte, ihm als ihrem göttlichen Herrn und Haupte
den Fuß zu küssen, und, wenn er zu Pferde steigen wollte, den Steig-
bügel zu halten. Auch haben wir gesehen, wie er die Fürsten, die
ihm nicht unbedingt gehorchten, mit dem Banne, und die Völker, welche
ihnen den Eid der Treue halten wollten, mit dem Interdikte strafte,
und welche traurige Folgen dies insbesondere für unser Vaterland ge-
habt hat.
Die Macht des Papstes wuchs gewaltig, seitdem Gregor Vii.
allen Priestern zu heirathen verbot und den schon Verheiratheten gebot,
Weib und Kind zu verstoßen (Cölibat), und seitdem durch den Papst
Innocenz Iii. (um 1210) die Orden der Bettclmönche entstanden,
die Franziskaner, Dominikaner, Augustiner u. s. w. Die
Mönche waren schon seit lange für besonders heilige Personen gehalten
worden, und sie haben sich in ihren Klöstern hin und wieder auch
große Verdienste um die Wissenschaften, um die Cultur des Geistes
und des Bodens, und um die Pflanzung des Christenthums erworben.
Für weit heiliger als alle galten die Bettelmönche, weil sie eben bet-
telten und was sie erbettelt, zum Theil wieder als Almosen austheilten,
wodurch sie des Herrn Wort Luc. 18, 22. zu erfüllen, und damit
mehr zu thun wähnten, als Gott in seinen Geboten fordert. So
sammelten sie den Schatz überflüssiger guter Werke, woraus
den übrigen Christen ein Ersatz für dasjenige, was ihnen an der Voll-
kommenheit mangelte, bei gewissen Leistungen zugesagt wurde, — die
Grundlage zu dem seelentödtenden, aber für Papste, Kirchen und Klöster
so ungemein einträglichen Ablaß.
Die Mönche vermehrten sich über alle Maaßen. Sie waren die
getreuesten Diener des Papstes und dessen auf alle Weise ausgezeich-
nete Günstlinge. Ungeheure Geschenke flössen den Klöstern zu, indeß
das Volk verarmte. Die Ehelosigkeit der Priester und das sorglose,
träge Leben der Mönche erzeugten eine Sittenlosigkeit, die ihre Heilig-
keit Lügen strafte, und die Bettelei war durch sie zu einer verdienst-
lichen Tugend geworden, die nur zu viele Nachahmer faiid.
Eine Hauptwaffe des Papstthums war auch die Inquisition,
d. h. Ketzergericht. Ketzer pflegte man damals alle diejenigen zu
nennen, welche religiöse Ansichten behaupteten, die mit der päpstlichen
Lehre im Widerspruch standen. Als solche sind im Mittelalter berühmt
geworden die Waldenser. Sie sollen Ursprung und Namen haben
von einem reichen und frommen Kaufmanne zu Lyon, Peter Wal-
dus, der um das Jahr 1180 lebte. Derselbe las die Bibel, und
die trostreichen Wahrheiten, die er in dieser fand, erfüllten sein Herz
mit dem Verlangen, auch Andere derselben theilhaftig zu machen. Er
stiftete einen Verein zur Verkündung des reinen Evangeliums unter
dem armen Landvolke, und sandte Boten aus, welche den Leuten die
heiligen Schriften vorlasen. Tausende erkannten mit Erstaunen die