1859 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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320 Meilen lang; aber bedeutender als alle, ist der 720 Meilen lange
Amazonenftrom, der größte und wasserreichste Strom der ganzen Erde.
Nach der großen Ausdehnung Amerika's von Norden nach Süden,
wodurch es allen Erdstrichen angehört, ist auch das Klima sehr
verschieden, von der strengsten Kälte bis zur äußersten Hitze.
Bei dieser Verschiedenheit des Klimas besitzt Amerika fast alle
Produkte der übrigen Erdtheile, aber auch viele, die ihm ganz
eigenthümlich sind. Im Allgemeinen ist der Pflanzenwuchs
Amerika's gewaltiger als in den übrigen Erdtheilen; mit dem Grase
in den Prairien kann sich kein anderes an Höhe messen — mit den
Riesenwäldern in Amerika, welche durch die unermeßliche Fülle alles
überwuchernder Schlingpflanzen oft ein undurchdringliches Dickicht
bilden, lassen sich keine andere vergleichen. Dagegen fehlen dem Erd-
theile die gewaltigen Landthiere der alten Welt, wie der Elephant,
das Kameel, das Nilpferd; auch die amerikanischen Raubthiere
sind nicht so wild und furchtbar für den Menschen, als die Löwen,
Tiger und Hyänen Asiens und Afrikas. In der Mannigfaltigkeit und
Schönheit der Vögel wetteifert die neue Welt, namentlich Brasilien,
mit dem südlichen Asien; an Amphibien ist sie reich, aber diese,
wie die Schildkröten und Schlangen, sind minder groß, wogegen
wieder die Insekten, namentlich die Schmetterlinge, jene der alten
Welt an Größe und auch an Farbenpracht übertreffen.
Was die Mineralien anlangt, so ist kein Erdtheil so reich an
Gold und Silber und anderen Metallen, auch an Diamanten
und anderen Edelsteinen, als Amerika. Die unterirdischen Schätze
an Gold, Silber und Edelsteinen in Peru und Chili sind
unermeßlich, und die Goldschätze Californiens sind sprüchwörtlich
geworden.
Zu den Amerika eigenthümlichen Pflanzen gehören u. a. die Kar-
toffeln, die von dort aus vor etwa 2oo Jahren durch den Engländer
Franz Drake zu uns gebracht worden sind und leider nun bei uns
auszuarten und zu verderben beginnen — die Agaven (Aloen) und
Kaktusarten Mexiko's, die gleich den Aloen Afrika's auf Felsen-
boden gedeihen, und von denen die ersteren einen 16 Fuß langen
Stengel treiben, die letztem aber durch die Farbenpracht ihrer Blüthen
sich auszeichnen, — die baumartigen Farrenkrauter, die eine Höhe
von 30 — 60 Fuß erreichen, — Cacaobäume, deren Früchte zur
Chokolade verwendet werden, — der Tabak, der jetzt zwar auch in
Asien und Europa gezogen wird, ursprünglich aber eine amerikanische
Pflanze ist und zuerst von den Spaniern auf der Insel Tabago an-
getroffen wurde, woher er auch seinen Namen erhalten hat — Gummi-
bäume, aus deren zähem Safte das elastische Gummi bereitet wird, rc.
Amerika eigenthümlich sind unter den Säugethieren im Norden
die Seehunde — der amerikanische Bär — der durch seinen
Bautrieb merkwürdige Biber — der amerikanische Löwe (Puma),
der auch auf Bäumen lebt und gleich dem Jaguar im Süden, dem