1859 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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ihn mit der einen Hand, während er mit der andern dem Philipp den Brief
reichte. Während Philipp las, trank Alexander ruhig die Arznei. Der Arzt
war entrüstet über diese Verläumdung; doch Alexander suchte ihn zu beruhigen
mit den Worten: „Der Ausgang wird dich rechtfertigen." Wirklich wurde Alex-
anders Vertrauen durcb eine schleunige Genesung belohnt; denn schon am dritten
Tage stand er wieder an der Spitze seines jubelnden Heeres. Unterdeffen war
Darms Codomannus mit einem Heere von einer halben Million herangerückt.
Bei dem «Ltädtchcn Jssus trafest die Heere auf einander; aber trotz der großen
Überzahl wurden die Perser von den Macedoniern geschlagen. Schrecklich war
das Gemetzel; über 100,000 Perser blieben in der Schlacht. Darius sprang aus
seinem Wagen, ließ Mantel, Schild und Bogen zurück, warf sich auf'sein Pferd
und jagte, ohne anzuhalten, Tag und Nacht fort. Seine Mutter, seine Frau,
zwei Töchter und ein Sohn, das ganze Lager, voll von den größten Kostbar-
keiten, fielen den Siegern in die Hände. Die gefangene Familie des Darms
brach in lautes Wehklagen aus, weil sie glaubte, daß Darms erschlagen sei.
Alexander aber tröstete sic und gab ihnen die Versicherung, daß Darius noch
lebe. Er behandelte die hohen Gefangenen mit der größten Güte, als wäre die
Familie eines Freundes zu ihm auf Besuch gekommen. Darauf zog er längs der
Meeresküste weiter, eroberte Ty,rus, die berühmteste Handelsstadt der alten Welt,
dann Palästina, ging nach Ägypten, eroberte cs und legte an der Mündung
des Nil eine Stadt an, die er nach seinem Namen Alexandrien nannte.
Jetzt erst wandte sich Alexander wieder nach Asien, um Darius zu verfolgen
und die Eroberung des persischen Reiches zu vollenden. Er traf das persische
Heer zwischen dm Städten Arbela und Gaugamela (in Assyrien). Die macedo-
nischen Feldherren, erschrocken über die ungeheure Macht der Perser, riethen am
Abende vor der Schlacht Alexandern, den Feind lieber in der Nacht anzugreifen.
Alexander aber antwortete: „Nein, siebten will ich den Sieg nicht!" und legte
sich sorglos zur Ruhe. Am andern Morgen weckte- ihn Parmenio und sprach:
„Du schläfst ja so fest, als wenn du schon gesiegt hättest!" „Glaubst du denn
nicht," antwortete Alexander, „daß wir schon so gut, wie gesiegt haben, da wir
den Darius vor uns haben?" Der Kampf war sehr hitzig; die Perser fochten
wie Verzweifelte; doch Alexanders Kriegskunst siegte. Durch diesen Sieg wurde
er Herr des großen persischen Reichs. Der unglückliche Perscrkönig war geflohen;
aber Alexander verfolgte ihn unablässig. Da kam er einst durch eine große
Wüste, wo nirgend ein Tropfen Wasser war. Endlich hatte ein Soldat etwas
aufgefunden und brachte es in seinem Helme dem Alexander. Als der König sah,
daß seine Soldaten, eben so wie er, vor Durst lechzten, sprach er: „Soll ich der
Einzige sein, der trinkt!" und goß das Wasser auf die Erde. Als die Soldaten
solche Enthaltsamkeit ihres Königs sahen, riefen sie voll Verwunderung aus: „Auf,
führe uns weiter, wir sind nicht müde, wir sind nicht durstig, wir halten uns
nicht für sterblich, wenn ein solcher König uns führt!"
Der flüchtige Darius wurde endlich von seinem eigenen Statthalter Bessus
gefangen genommen und tödtlich verwundet. Alexanders Reiter fanden den unglück-
lichen König in den letzten Zügen. Er bat sie um einen Trunk Wasser, welchen
ein Macedvnier ihm reichte. Erquickt sprach der sterbende König: „Freund, das
ist mein größtes Leiden, daß ich dir diese Wohlthat nicht vergelten kann; doch
Alexander wird sie dir vergelten; und dem Alexander werden die Götter die Groß-
rnuth vergelten, die er Miner Mutter, meiner Gattin und meinen Kindern erwiesen
hat! Ich reiche ihm hier durch dich meine Rechte." Der Macedvnier ergriff sie,
und Darius verschied. Gleich darauf kam Alexander. Er war sehr bewegt bet
dem Anblicke, zog sein Oberkleid aus und breitete es über den Leichnam, den er
mit großer Pracht beisetzen ließ.
Jetzt eilte Alexander an der Spitze seines jubelnden Heeres siegend von Stadt
zu Stadt, von Land zu Land. Doch bald Änderte sich der Sinn der Macedvnier.
Sie wurden unwillig und murrten laut. Denn als dem Alexander das große
persische Reich fast ganz Unterthan war, veränderte er seine Tracht und Sitten.
Er heirathete eine schöne Perserin, kleidete sich selbst wie ein Perser und verlangte