1859 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Jetzt war Oktavianus der alleinige Beherrscher des römischen
Reiches. Er ließ sich Cäsar nennen, woraus in der Folge das Wort
Kaiser entstanden ist. Er war also der erste römische Kaiser.
Man gab ihm auch den Namen Augustus. (30 Jahre v. Chr.)
Zu dieser Zeit breitete sich das römische Reich vom atlantischen
Meer bis zum Euphrat — vom Rhein, der Donau und dem
schwarzen Meere bis an die afrikanischen und arabischen
Wüsten über alle Küsten des mittelländischen Meeres aus. Welch
ein Reich also, das im Laufe von 7 bis 8 Jahrhunderten auf den
Trümmern aller übrigen Staaten sich erhoben hatte, das mächtiger
war, als die mächtigen Reiche der Assyrer, Babylonier, Perser
und Macedonier, von denen euch die biblische Geschichte erzählt.
Da Kaiser Oktavianus Augustus mit vieler Klugheit und Milde
regierte, so vergaß man allmählich seine übrigen Gräuelthaten. Ja,
seine Regierung wird sogar das goldene Zeitalter genannt, weil
nicht nur Künste und Wissenschaften unter ihm die höchste Blüthe er-
reichten, sondern weil auch bei einem fast ununterbrochenen Frieden das
Reich sich eines wachsenden Wohlstandes in allen seinen Provinzen er-
freute. Während der Regierung des Kaisers Augustus waren die
jüdischen Fürsten, Nachkommen der Makkabäer, uneins unter ein-
ander. Da setzte Augustus den Juden einen neuen Fürsten, der
Herodes hieß, Daß aber unter der Regierung des Kaisers Augustus,
„in den Tagen des Königs Herodes zu Bethlehem, im
Lande Juda, unser Heiland, Jesus Christus, geboren ist", —
das ist uns aus der biblischen Geschichte bekannt.
Deutschland, unser Vaterland, erstreckte sich damals von dem
Rhein bis zur Weichsel, von der Donau bis zur Nord- und Ostsee.
Die Deutschen lebten in freier Natur, genosten einfache Kost und wa-
ren daher Leute von großem und kräftigem Körperbau. Nächst der
Jagd war Krieg ihre höchste Lust. Befand sich das Vaterland in
Frieden, so zogen sie wohl in ganzen Schaaren hinaus, fielen in die
römischen Besitzungen und suchten draußen Kampf ,'und Beute. So
waren schon 113 Jahre v. Chr. die ersten deutschen Völkerschaften, die
Cimbern und Teutonen über die Alpen in Italien eingedrungen,
indem sie auf ihren großen hölzernen Schilden pfeilschnell über die
steilen, schnee- und eisbedeckten Abhänge der Alpen hinabglitten —
zum Schrecken aller Römer. Die Nachbarschaft eines solchen Volkes
mußte wohl den Römern sehr lästig sein. Da schickte nun Augustus
seinen Stiefsohn Drusus nach Deutschland, um auch dieses zu unter-
werfen. Daß das aber nicht gelang, sondern daß Drusus auf der
Flucht seinen Tod fand, daß Hermann der Deutsche den römischen
Statthalter Varus mit seinem ganzen Heere vernichtete, das habt ihr
schon aus der vaterländischen Geschichte erfahren; ebenso, daß
Augustus auf die Nachricht von dieser Niederlage mit dem Kopfe öfters
gegen die Wand rannte und wie rasend ausrief: „Varus, Varus,
gieb mir meine Legionen wieder." Er fürchtete, die Sieger