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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 403

1859 - Essen : Bädeker
403 als sie selber bet diesen Staunen erregten. Sie waren ganz nackt und von röth- licher Kupferfarbe, ohne Barthaare, übrigens wohlgebtldet. Um Kopf und Len- den trugen sie einen schönen Kranz von bunten Vogelfedern. Ihre Sprache hatte etwas Unzusammenhängendes und Thierisches. Das ganze Geschlecht hatte über- haupt viel Ähnliches mit einer Heerde gutmüthiger Schafe oder Rehe; gerade so scheu, so wehrlos, so behende trippelte es hin und her, und aus allem, was man an ihnen sah, leuchtete so wenig Verstand hervor, daß die Spanier auf den Ge- danken geriethen, es möchten wohl gar keine wirklichen Menschen sein. Den Ge- brauch des Feuers kannten sie nicht; die züngelnde Flamme hielten sie. für ein lebendiges Thier; in das scharfe Schwert griffen sie unbedacht, bis das Blut von ihren Händen rann; nicht einmal den Ackerbau kannten sie; das milde Klima, und die Fruchtbarkeit des Bodens gewährte ihnen Mais und Maniokwurzcl im Über- fluffe, und zwang sie nicht zur Sorge für wärmende Kleidung und Wohnungen. Große Thiere gab es dort gar nicht, und ein europäischer Bullenbeißer konnte eine ganze Heerde dieser schüchternen Wesen in die Flucht jagen. Columbus, in einem reichen Kleide und den bloßen Degen in der Hand, stand an der Spitze des ersten Bootes, welches ans Land stieß, um der erste Europäer zu sein, der die neue Welt betrete. Ihm folgten die andern, und in dem unaussprechlichen Gefühle des glücklich geretteten Lebens, nach mehr als 40tägiger Todesangst auf schwankenden Brettern, warfen sie sich alle nieder, küßten mit Inbrunst die sichere Erde, errichteten dann ein Kreuz und stammelten vor demselben ihre frommen Gebete. Sie drängten sich in ihrer Begeisterung um den Admiral, umarmten ihn, küßten ihm die Hände und thaten alles, um dem Manne, dessen Leben sie vor einigen Tagen noch bedroht hatten, die größte Ehr- furcht und Dankbarkeit zu bezeigen. Für Columbus in der That ein großer Augenblick! So hatte er denn endlich erreicht, was Jahrelang wie ein Traum- bild vor seiner Seele geschwebt! Jetzt aber stand es verwirklicht vor seinen Augen! Columbus nahm die Insel mit den üblichen Formen und Feierlichkeiten für die spanische Krone in Besitz. Die guten Indianer sahen das mit an, ohne etwas davon zu begreifen; freilich hätten sie wohl auch vergebens gefragt, nach welchem Rechte fremde Ankömmlinge ein schon bewohntes Land ohne weiteres für sich in Besch nähmen. Die Insel führte den Namen Guanahani; der Entdecker nannte sie San Salvador. Columbus war wirklich der Meinung, an einer zu Indien gehörigen Insel angelangt zu sein, und erst spät überzeugte man sich davon, daß man einen neuen Erdtheil entdeckt habe. Dieser Irrthum veran- laßte auch, daß man die Eingebornen Indianer nannte; und erst später unter- schied man die hier liegenden Inseln durch^'den Namen Westindien von dem alten und von jetzt an Ostindien genannten Indien. Er entdeckte bald noch größere Inseln, wie Cuba, Haity; die Küsten zeigten ihm überall einen Reich- thum der Pflanzenwelt, eine Schönheit der Gegend, eine krystallene Durchsichtig- keit der Gewässer, eine schimmernde Bläue des Himmels, einen strahlenden Glanz der nächtlichen Gestirne, wie er solche noch nie erlebt. Bald stießen sie auch auf mehr gebildete und kriegerische Einwohner. Ihre Könige hießen Kaziken. Einer derselben erzählte dem Columbus, freilich mehr durch Zeichen, als durch Worte, daß zuweilen Feinde von den benachbarten karaibischen Inseln sie überfielen, die Gefangenen fortschleppten, brieten und — auffräßen. Auch gab er ihm eine Menge Gold für kleine Messer, Spiegel, Schnüre und ähnliches Spielzeug, be- merkte ihm aber, das eigentliche Goldland sei weiter gegen Süden zu suchen. Columbus gab dem Kaziken zu verstehen, er wolle auf seiner Insel (Hispaniola oder Haity) eine kleine Festung zum Schutze gegen jene Menschenfresser erbauen und eine Hülfsbesatzung darin zurücklassen, was denn die Eingebornen mit großer Freude erfüllte. Columbus selbst mußte an seine Rückkehr denken, weil ein Schiff ihm gescheitert war und ihm seine Begleiter nicht sehr zuverlässig schienen; 39 Spanier ließ er zurück, ermahnte sic zu einem friedlichen Benehmen gegen die Indianer, nahm einige Eingeborne und Erzeugnisse ihres Bodens mit an Bord und ging endlich am 3. Januar 1493 wieder unter Segel. Ein fürchterlicher Sturm hätte aber den kühnen Seglern und ihren wichtigen 26*
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