1839 -
Reutlingen
: Fischer
- Autor: Gebauer, Christian August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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den Sachen; daher sie sich zufrieden gaben, und sich das
Ding aus dein Sinne schlugen.
Des andern Morgens stunden sie frühe aus, und
der alte Stilliug fing an, während daß er ein Morgen-
lied sang, das alte Stroh loszubinden und abzuwerfen,
womit er denn diesen Tag auch hübsch fertig wurde; so
daß sie des folgenden Tages schon anfingen, das Dach
mit neuem Stroh zu belegen; mit einem Wort, das
Dach ward fertig, ohne die mindeste Gefahr oder Schreck
dabei gehabt zu haben; außer, daß es noch einmal be-
stiegen weiden mußte, um starke und frische Rasen oben
über den First zu legen. Doch damit eilte der alte
Stilling so sehr nicht; cs gierigen wohl noch acht Tage
über, che es ihm einfiel, dieß letzte Stück Arbeit zu
verrichten.
Des folgenden Mittwochs stund Eberhard unge-
wöhnlich früh auf, gieng im Hause umher, von einer
Kammer zur andern, als wenn er etwas suchte. Seine
Lenke verwunderten sich, fragten ihn, was er suche?
„Nichts!^ sagte er. „Ich weiß nicht, ich bin so wohl,
doch hab' ich keine Ruhe, ich kaun nirgend still seyn,
als wenn Etwas in mir wäre, das mich triebe; auch
spnre ich so eine Bangigkeit, die ich nicht kenne." Mar-
garethe rieth ihm, er sollte sich anziehen, und mit Hein-
richen nacher Lichthausen gehen, seinen Sohn Johann
zu besuchen. Er war damit zufrieden; doch wollte er
zuerst die Rasen oben auf den Hausfirst legen und dann
Des andern Tages seinen Sohn besuchen. Dieser Gedan-
ke war feiner Frau und Tochter sehr zuwider. Des Mit-
tags über Tisch ermahnten sie ihn wieder ernstlich, vom
Dach zu bleiben; selbst Heinrich bat ihn, Jemand für
Lohn zu kriegen, der vollends mit der Deckerei ein Ende