1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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welche auch, wenn der Augenblick und die Umwandlung des Todes
glücklich überstanden ist, in hoher Schönheit und Herrlichkeit hervor-
gehen und aller armen Gebrechen ihres Leibes los, nun ein geistiges
Leben führen wird.
29. Die Schlangen.
Noch immer glauben Leute, daß die giftigen Schlangen mit der Zunge
stechen. Allein es ist schon lang außer Zweifel gesetzt, daß sie durch Giftzähne
verwunden, welche in der obern Kinnlade stehen. Diese Zähne sind hohl und
haben an der Spitze eine feine Oeffnung. An der Seite des Kopfes befindet
sich eine Drüse, in welcher das Gift bereitet wird, und wenn das Thier beißt,
so tritt das Gift aus der Drüse in den Zahn und durch die Oeffnung in die
Wunde. Es ist also eine Fabel, daß die Schlangen das Gift, ehe sie in das
Wasser gehen, unter einen Stein ablegen. Wenn ein solches Thier im
Wasser nicht giftig ist, so hat es auch kein Gift außer demselben. An jenen
Zähnen hätte man also wohl ein Kennzeichen, die gefährlichen Thiere dieser
Art von den unschuldigen zu unterscheiden. Aber wie kann man ihnen, so
lange sie leben, in den Mund schauen, und wer wirds thun? Lieber geht
man ihnen zur Sicherheit aus dem Weg, oder schlägt sie todt. Allein so wird
doch auch manches unschädliche und sogar nützliche Thier getödtet. Denn
die Schlangen verzehren viel sogenanntes Ungeziefer und helfen uns also vor-
der schädlichen Menge derselben bewahren. Und ein guter und besonnener
Mensch will doch lieber erhalten, als ohne Zweck und Noth zerstören; lieber
leben lassen, als todten, wär es auch nur ein Thier im Raube. Und die
Schlange, ob sie gleich mit dem Bauche auf der Erde schleicht, ist doch ein
merkwürdiges und wirklich ein schönes Thier. Schon das verdient ja unsere
Aufmerksamkeit, daß dieses Geschöpf ohne Füße, nur durch seine zahlreichen
Muskeln sich so leicht fortbewegen kann. Ihre Gestalt ist so einfach, und doch
fehlt ihnen Nichts, was ihnen zur Erhaltung und zum Genuß des Lebens
nöthig ist. Mit welcher Geschwindigkeit und Gewandtheit gleiten sie in den
mannigfaltigsten Wendungen ihres schlanken Körpers nach allen Richtungen
dahin und ereilen ihre stiehende Beute, oder retten ihr verfolgtes Leben! Mit
welcher leichten Biegsamkeit winden sie sich zwischen und über und unter den
tausend Htnderniffen durch, die ihrem Lauf überall im Wege liegen! Wer
hat über den ganzen Körper hinab Schild an Schild und Schuppe an Schuppe
gereiht und über einander gelegt, daß sie bei jeder Bewegung in der größten
Geschwindigkeit ausweichen, nachgeben, sich über einander schieben und doch
den zarten Körper bedecken, und allemal wieder in ihre vorige Lage zurück-
kehren? Wer hat sie mit der Schönheit und Mannigfaltigkeit ihrer Farben