1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Weise bemannt, und sind diese beiden Boote zu klein, um die gehörige Masse
Seile zu fassen, so schickt man gern noch ein drittes hinten drein, welches mit
Seilen beladen diesen im Falle der Noth zu Hülfe kommen soll. Außerdem
befinden sich in diesen Booten noch mehrere lange Lanzen. Rasch, aber mit
möglichst leisen Ruderschlägen, nähert sich das Boot dem Walfisch, und sobald
es auf Wurfweite angekommen ist, schleudert der Harpunier sein Geschoß ab,
und diesem folgt, wenn er etwa fehlte, oder die Harpune bei der ersten Be-
wegung des Wales ausriß, der Harpunier des zweiten Bootes. Sobald der Wal
die Harpune empfindet, macht er eine rasche Bewegung vorwärts und stürzt
sich nun mit voller Gewalt, um seinen Feinden zu entgehen, in die Tiefe des
Meeres; diese Gewalt ist oft so ungeheuer, daß das Thier seinen Unterkiefer
am Meeresgrund zerschellt; begreiflicherweise wird das Seil der Harpune da-
durch sehr schnell abgerollt und muß immerfort mit Waffer begosien werden,
damit es sich an der Rolle nicht erhitze. Um möglichst Seil zu sparen, rudern
jetzt die Leute im Walfischboot so schnell als sie können, denn reißt das Seil, was
besonders dann geschieht, wenn der Walfisch sich unter Eisberge begibt, so ist
Alles verloren. Nach etwa zehn Minuten kommt der Walfisch empor, um Luft
zu schöpfen, und wird dann nochmals harpunirt; jetzt aber tobt er fürchterlich,
peitscht das Wasser rings umher in Schaum, und bläst, wenn er schwer ver-
wundet ist, Blut aus seinen Blaselöchern. Die Erschöpfung erlaubt ihm jetzt
nicht mehr oder nicht lange unterzutauchen. Die Boote aber bleiben immer,
jedoch mit der gehörigen Vorsicht, in seiner Nähe und steuern endlich, sobald
er matt geworden, auf ihn zu, um ihn mit langen Lanzen vollends zu erstechen.
Blut und Thran entquillt nun seinen Wunden, so daß das Meer sich ringsum
roth färbt, und der ungeheure Leichnam schwimmt auf dem Master. Eine
Siegesflagge wird jetzt auf ihm befestigt, und er wird mit vereinten Kräften an
das Schiff hingezogen, das dieser Jagd in ziemlicher Entfernung folgte. Dort
ist jetzt Alles bereit; Speckfässer sind hergerichtet, die Speckjungen mit langen
Messern und Steigeisen an den Füßen bewaffnet, und die Schiffswinden be-
reit, um den Koloß an der Seite des Schiffes festzuhalten und etwas heraufzu-
winden; ganz kann dies nicht geschehen, weil der Walfisch das Schiff in das
Meer hinabziehen würde. Nun steigt ein Theil der Mannschaft, die Speck-
jungen, hinab, schneidet in regelmäßigen Streifen den Speck los, andere ziehen
ihn hinauf auf das Verdeck, und die Leute im Schiffsraum sind damit beschäf-
tigt, ihn in kleinere Stücke zu schneiden und in Tonnen zu packen. Also endigt
diese gefahrvolle Jagd.
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