1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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diese Wagen und wandernden Kamine, dieser Dampf und dieses Brausen, und das
Gedränge, um Platz zu erhalten, der taktmäßige Gang der Maschinen, und das Pfeifen
und Zischen des ausgelassenen Dampfes, Alles verstärkt den Eindruck, und ist man
hier zum erstenmal, so denkt man ans Umwerfen, ans Arm- und Beinbrechen', oder
ans Zerquetschen und Zusammenstoßen mit einer andern Wagenreihe; ich glaube
aber, es ist nur das erstemal, daß man daran denkt.
Das Reisen auf der Eisenhahn ist das wohlfeilste, so daß auch Arme mitfahren
können, indem es ihnen weniger theuer wird, als wenn sie den langen Weg gehen,
in Wirthshäusern einkehren und auf der Reise übernachten sollten.
Man setzt sich in die gemächliche Kutsche, der Conducteur macht die Thür hinter
uns zu, wir können das Fenster herunterlassen, können frische Lust genießen, ohne
eine Unannehmlichkeit von Luftdruckzu befürchten; es ist wie in jedem andern Wagen,
nur weit gemächlicher.
Die erste Empfindung ist eine ganz leise Erschütterung der Wagen, und nun v
sind die Ketten gespannt, welche dieselben zusammenhalten; die Signalpfeife läßt
sich hören, und die Fahrt beginnt, erst langsam, die ersten Schritte geht es sanft,
als ob eine Kinderhand den Wagen zöge. Die Schnelligkeit nimmt allmählich zu;
und man weiß nicht recht, ob die Fahrt schon angefangen hat, denn der Wagen
gleitet wie ein Schlitten auf dem ebenen Schneefeld. Du siehst zum Fenster hinaus
und entdeckst, daß du einherjagst wie mit galoppirenden Pferden; cs geht noch schneller,
und du scheinst zu fliegen.
Fährt man durch flache, bevölkerte Länder, so ist es, als ob Stadt dicht an
Stadt läge; jetzt kommt eine, jetzt wieder eine! Man kann sich recht den Flug der
Zugvögel denken; so müssen sie die Städte hinter sich lassen. Die Fuhrwerke, die
man auf den Straßen sieht, scheinen still zu halten; die Pferde vor den Wagen
heben die Füße, scheinen sie aber wieder auf dieselbe Stelle niederzusetzen, und dann
sind wir schon längst vorbei.
Jeden Augenblick ist man an einer neuen Station, wo Reisende abgesetzt und
wieder aufgenommen werden sollen; hiedurch wird die Fahrt verzögert; man hält
einige Minuten an; dann jagt man weiter und ist in kurzem wieder unter Dach,
wo die Wagenreihe anhält.
77. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Feben.
Joh. 14, 6.
Ein Christ, der diesen Weg kennet, und schon angefangen hat,
darauf zu gehen, soll und darf nicht zweifeln und zagen, wie jene,
die llicht an Christum glauben und den Reim fuhren:
Ich leb, und weiß nicht wie lang.
Ich sterb, und weiß nicht wann,
Ich fahr, und weiß nicht wohin.
Mich wundert, daß ich fröhlich bin.
Der Christ kann diesen Reim getrost umkehren und also sagen:
Ich leb, und weiß wohl wie lang,
Ich sterb, und weiß wohl wie und wann,
Ich fahr, und weiß gottlob! wohin.
Mich wundert, daß ich traurig bin!