1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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der Boden, die Wände, die Decke. Der Gang ist dadurch entstanden, daß lange Zeit
hier nach vornen und nach hinten einige Männer gearbeitet haben, das Salz heraus-
zuhauen. Solcher Stollen mögen noch mehrere im Bergwerke sein; wir hatten ge-
nug, den einen gesehen zu haben, und stiegen noch tiefer hinunter. Da hatten wir
nun einen großartigen Anblick. Wir standen in einem Gewölbe, hoch wie eine an-
sehnliche Kirche, getragen von mächtigen Säulen und unabsehbar in die Länge sich
ausdehnend, ein Tempel Gottes tief unten im Schooße der Erde, wo der betende
Bergmann in besonderem Sinne sprechen kann: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu
dir!" (Ps. 130, 1.), und wo sich dem Gemüthe mächtig das Wort ansdringt: Alles,
was er will, das thut der Herr, im Himmel, auf Erden, im Meer und in allen
Tiefen. (Ps. 135, 6.) Ja, es drängt das Herz, hier unten von dem lieblichen Lichte
der Sonne und von menschlicher Hülfe so fern, in der Einsamkeit, wo Jeder allein
vielleicht hundert Schritte vom Andern den ganzen Tag über sein Geschäft verrichtet,
zum Herrn sich zu erheben und seiner allgegenwärtigen Liebe und Macht gläubig zu
gedenken, und ich meine, wenn einer, so muß der Bergmann ernsten Sinnes und
eifrig im Beten werden. Zwar so blendend und glänzend, wie wir ihn uns zuvor
vorgestellt hatten, war der Anblick hierunten nicht; denn die Salzfclsen, aus denen
Boden, Säulen und Decke bestehen, sind hier nicht weiß, wie unser Kochsalz, sondern
grau, mit Thon vermengt und durch Pulverdampf geschwärzt, und ihr Glanz ist nur
matt; aber der ungeheure Raum tief unten in der Erde und die große Menge des
für Menschen und Vieh unentbehrlichsten Gewürzes, mit der Gott von der Schöpfung
her für alle Geschlechter gesorgt hat, stimmen unser Gemüth zur Bewunderung. In
diesen Hallen wandelnd, kamen wir bald zu einem Bergmanne, der beim schwachen
Grubenltchte wie ein Steinhauer arbeitete und sich abmühete, ein Stück vom Salz-
selsen nach dem andern wegzuschlagen. Glück auf! sagten wir vorübergehend; er er-
wiederte: Glück auf! und arbeitete fort. Bald vernahmen wir den Nus: Beim Schil-
ling brennts! Da sagte der Obersteiger: Wir müssen stehen bleiben. Der Bergmann
Schilling sprengt mit Pulver den Salzfelsen und hat nun, nachdem er ein tiefes Loch
in den Felsen gehauen, dieses mit Pulver gefüllt und den zu dem Pulver führen-
den Schwefelsaden angezündet hat, vorschristmäßig durch seinen Ruf gewarnt, daß
Niemand in die Nähe komme, bis die Wirkung des Pulvers vorüber ist. Nicht
lange stand es an, so hörten wir einen Knall, wie einer Kanone, und der
Obersteiger sagte: Nun wollen wir hingehen und sehen, ob der Mann glücklich ge-
wesen ist. Eben als wir in die Nähe kamen, kam dieser hinter einer dicken, breiten
Säule hervor, hinter welcher er sich geschützt hatte; Glück auf! rief er, und freute
sich mit uns über die gewaltigen Salzstücke, welche durch die Gewalt des Pulvers
vom Felsen getrennt und rings herum geworfen worden waren. Diese Salzstücke
werden nachher auf dem Hund, einer Art von Karren, entweder zu dem großen
Wasserbehälter in der Tiefe geführt und hineingeworfen oder zu dem Tonnenschachte
und in der Tonne hinaufgehaspelt. Wir kamen bald zu einem ausgetrockneten See,
einem weiten Becken, in welches früher das unterirdische süße Wasser geleitet worden
war, das Salz aufzulösen, das aber nun verlassen worden ist, während in ein an-
deres weites Loch, zu dem wir nachher kamen, das Wasser geleitet wird, in welchem
die gesprengten Salzstücke aufgelöst werden. So entsteht die gesättigte Soole, das
Salzwasser, das nahezu i8/100 Theile Salz enthält. Diese Soole wird durch ein
Pumpwerk hinausgeschafft und von Wilhelmsglück zwei Stunden weit durch hölzerne
oder eiserne Teichel in die Saline zu Hall geleitet, wo durch Sieden das Wasser