1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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96. Die fromme Magd.
Die fromme Magd von rechtem Stand geht ihrer Frauen fein
zur Hand, hält Schüssel, Tisch und Teller weiß zu ihrem und der
Frauen Preis.
Sie trägt und bringt nicht neue Mähr, geht still in ihrer Ar-
beit her, ist treu und eines keuschen Muths, und thut den Kindern
alles Guts.
Sie ist stets munter, hurtig, frisch, vollbringet ihr Geschäfte
risch, und hälts der Frauen wohl zu gut, wenn sie um Schaden re-
den thut.
Sie hat dazu fein die Geberd , hält Alles sauber an dem Herd,
verwahrt das Feuer und das Licht, und schlummert in der Kirche
nicht.
97. Meister Hämmerlein.
Niemand suche, was sein eigen ist, son-
dern ein Jeglicher das, was des Andern ist.
' (1 Kor. 10, 24.)
Vor dreißig und etlichen Jahren starb in einem preußischen Dorfe der Gemeinde-
schmib Jakob Horn. Im gemeinen Leben hieß er nicht anders als Meister Häm-
merlein.
„Meister Hämmerlein? Ei, warum denn Meister Hämmerlein?"
Weil er die sonderbare Gewohnheit hatte, wo er ging und stand, sein Häm-
merlein und ein paar Nägel in der Tasche zu führen, und an allen Thoren, Thüren
und Zäunen zu hämmern, wo er Etwas los und ledig fand. Vielleicht auch, weil er
wegen seines Hämmerleins Dorfschmid worden war.
„Wie wäre denn das zugegangen?"
Ganz natürlich, wie ihr sogleich hören sollt. Sein Vorfahr war gestorben.
Vier wackere Bursche hatten sich um den Dienst gemeldet und dem und jenem allerlei
versprochen.
Meister Hämmerlein hatte sich nicht gemeldet und nichts versprochen; er häm-
merte bloß ein wenig an einer Gartenthür und erhielt dafür den Dienst.
„Und bloß für ein bißchen Hämmern?"
Bloß für ein bißchen Hämmern! An einer Gartenthür, nahe am Dorfe, hing
schon wochenlang ein Brett ab. Meister Hämmerlein kam mit seinem Felleisen des
Weges her. Flugs langte er einen Nagel und sein Hämmerlein aus der Tasche
und nagelte das Brett fest. Das sah der hinter ihm herkommende Dorfschulze. Ihm
schien es sonderbar, daß der landfremde Mensch das Brett nicht ledig sehen konnte,
das doch selbst der Eigenthümer des Gartens wohl zwanzigmal so gesehen hatte,
ohne es fest zu machen. Er wollte ihn anreden, aber der Bursche war fort, ehe er
ihm nahe genug kann