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1. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 274

1854 - Stuttgart : Hallberger
274 und Wurfspieß waren von früh an fein Spielzeug und bald seine Waffe, die er nie mehr von sich ließ. Ein Lieblingsspiel der Jugend war, auf scharfe Spieße, welche ihnen ältere Männer in ganzen Reihen entgegen hielien, einzuspringen, und Körper und Auge so zu gewöhnen, daß die Schnelligkeit und Gewandtheit des Anlaufs die Gefahr glücklich über- wand. Nicht die verdorbene Luft verschlossener Stuben, nicht ein tage- langes Stillsitzen mit zusammengekrümmten Gliedmaßen, und vor allen Dingen nicht eine verdorbene Einbildungskraft, welche Lüste und Begier- den frühzeitig weckt und den Menschen erschlafft, hemmten die gesunde Ausbildung des Wuchses; denn die Keuschheit war bei ihnen eine so große Tugend, daß ein Jüngling, welcher sie verletzte, von seinen Ge- noffen verachtet wurde. So dürfen wir uns nicht wundern, daß die Deutschen ein so überaus starkes Volk waren und daß sie den Römern, die von Natur mittelmäßigen Wuchses waren, als Riesen erschienen. Teuto- boch, König der Cimbern, setzte über vier bis sechs nebeneinander gestellte Pferde hinweg, und er war nicht der einzige, der das vermochte. Als die Cimbern in Italien an den Etschstuß kamen und keine Brücke fan- den, da stellten sich ihre stärksten Krieger drei bis vier Mann hoch in den Strom quer hinüber und legten Schild an Schild zusammen, um das Wasser aufzustauen, damit das übrige Heer inzwischen durch die auf solche Weise gebildete Furth hinüberziehe; das Wasser war zwar gewalti- ger als ihre Kühnheit und riß die lebendige Mauer hinweg. Aber welches Kraftgefühl müssen diese Völker gehabt haben, daß sie sich sol- ches unterstehen konnten. Die Männer übten sich viel in den Waffen, bald im Kriege, bald aus der Jagd; denn nur diese beiden Beschäftigungen hielten sie eigent- lich für des freien Mannes würdig. Früh nahm der Vater seinen Sohn mit auf die Jagd, daß er seinen Wurfspieß gebrauchen lernte; der schönste Tag für den Jüngling war aber der, wenn er in der öffentlichen Volksversammlung von dem Fürsten oder von seinem Vater- feierlich mit Schwert, Schild und Speer geschmückt und dadurch in die Zahl der Männer aufgenomnlen wurde. Nun durfte er mit in den Krieg ziehen und mit in der Volksversammlung erscheinen und bei den öffentlichen Angelegenheiten auch seine Stimme geben. Vor allen Dingen rühmen die Römer die Treue der Deutschen; Nichts war ihnen verhaßter als Lug und Trug. „Ein Mann, ein Wort!" hieß es bei ihnen. Unwandelbare Treue übte der Mann gegen seine Frau, und die Frau gegen den Mann, Väter und Söhne, Nachbarn, Gemeiudegenosstn rmd die zu einem Völkerbünde Gehörigen unter ein-
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