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1. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 305

1854 - Stuttgart : Hallberger
305 Ein guter Unterricht für seine Kinder lag ihm um so mehr am Herzen, als er selbst in seiner Jugend ganz vernachlässigt worden war. Selbst das Schreiben lernte er erst als Mann, und er hatte zu dem Ende immer eine Schreibtafel unter seinem Kopfkissen, damit er in müßigen Stunden seine schwertgewohnte Hand im Führen der leichten Feder üben könnte. Denselben Eifer, den Karl in der Bildung seines eigenen Geistes, so wie seiner eigenen Kinder zeigte, bewies er auch für die Bildung der Jugend überhaupt. Er errichtete am Hofe eine eigene Schule, als Muster für die übrigen im Lande, in welche alle seine Diener, hohe und niedere, ihre Söhne schicken mußten. Der Unterricht war unentgeltlich; nur freiwillige Gaben dankbarer Eltern wurden ange- nommen. Einmal trat er selbst in die Schulstnbe, hörte eine Zeit lang zu, und ließ sich dann die schriftlichen Arbeiten der jungen Leute zeigen. Die geschickten mußten alle auf seine rechte, die ungeschickten auf seine linke Seite treten, und da fand es sich, daß die letzteren meist die Söhne vornehmer Eltern waren. Er wandte sich zu beu fleißigen, aber armen Kindern, und sagte: „Ich freue mich, meine lieben Kin- der, daß ihr so gut einschlaget; bleibet dabei und werdet immer voll- kommener. Ihr verfolget euer wahres Beste, und zu seiner Zeit soll euch mein Lohn nicht fehlen. Ihr aber — und hier wandte er sick- zornig zur linken — ihr Söhne der Edlen, ihr feinen Püppchen, die ihr euch so reich und vornehm dünket, und des Wissens nicht noth zu haben meinet, ihr faulen, unnützen Buben, ich sage euch: bei Gott! euer Adel und eure hübschen Gesichter gelten nichts bei mir; von mir habt ihr nichts Gutes zu hoffen, wenn ihr eure Faulheit nicht durch eifrigen Fleiß wieder gut machet!" Auch der Berbesserung des Gesangs widmete Karl seine Auf- merksamkeit. Er stellte zwei gute Sänger aus Italien an, von denen Gesanglehrer und Vorsänger für Schulen und Kirchen gebildet wer- den sollten. Auch Orgelspielen wurde gelehrt, nachdem Karl die erste Orgel aus Constantinopel erhalten hatte. Aber die plumpen Franken stellten sich eben so ungeschickt zum Singen als zum Spielen. Die Italiener verglichen it>r-en Kirchengesang mit dem Geheul wilder Thiere und dem Gerumpel eines Lastwagens über einen Knüppel- damm. Auch Alcuin klagt oft in seinen Briefen, daß er bei den jungen Franken so gar wenig ausrichten könne und mit einer fast thierischen Tölpelhaftigkeit zu kämpfen habe. Lesebuch. 20
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