1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Ein guter Unterricht für seine Kinder lag ihm um so mehr am
Herzen, als er selbst in seiner Jugend ganz vernachlässigt worden
war. Selbst das Schreiben lernte er erst als Mann, und er hatte
zu dem Ende immer eine Schreibtafel unter seinem Kopfkissen, damit
er in müßigen Stunden seine schwertgewohnte Hand im Führen der
leichten Feder üben könnte.
Denselben Eifer, den Karl in der Bildung seines eigenen Geistes,
so wie seiner eigenen Kinder zeigte, bewies er auch für die Bildung
der Jugend überhaupt. Er errichtete am Hofe eine eigene Schule,
als Muster für die übrigen im Lande, in welche alle seine Diener,
hohe und niedere, ihre Söhne schicken mußten. Der Unterricht war
unentgeltlich; nur freiwillige Gaben dankbarer Eltern wurden ange-
nommen.
Einmal trat er selbst in die Schulstnbe, hörte eine Zeit lang zu,
und ließ sich dann die schriftlichen Arbeiten der jungen Leute zeigen.
Die geschickten mußten alle auf seine rechte, die ungeschickten auf seine
linke Seite treten, und da fand es sich, daß die letzteren meist die
Söhne vornehmer Eltern waren. Er wandte sich zu beu fleißigen,
aber armen Kindern, und sagte: „Ich freue mich, meine lieben Kin-
der, daß ihr so gut einschlaget; bleibet dabei und werdet immer voll-
kommener. Ihr verfolget euer wahres Beste, und zu seiner Zeit soll
euch mein Lohn nicht fehlen. Ihr aber — und hier wandte er sick-
zornig zur linken — ihr Söhne der Edlen, ihr feinen Püppchen, die
ihr euch so reich und vornehm dünket, und des Wissens nicht noth
zu haben meinet, ihr faulen, unnützen Buben, ich sage euch: bei Gott!
euer Adel und eure hübschen Gesichter gelten nichts bei mir; von mir
habt ihr nichts Gutes zu hoffen, wenn ihr eure Faulheit nicht durch
eifrigen Fleiß wieder gut machet!"
Auch der Berbesserung des Gesangs widmete Karl seine Auf-
merksamkeit. Er stellte zwei gute Sänger aus Italien an, von denen
Gesanglehrer und Vorsänger für Schulen und Kirchen gebildet wer-
den sollten. Auch Orgelspielen wurde gelehrt, nachdem Karl die erste
Orgel aus Constantinopel erhalten hatte. Aber die plumpen Franken
stellten sich eben so ungeschickt zum Singen als zum Spielen. Die
Italiener verglichen it>r-en Kirchengesang mit dem Geheul wilder
Thiere und dem Gerumpel eines Lastwagens über einen Knüppel-
damm. Auch Alcuin klagt oft in seinen Briefen, daß er bei den
jungen Franken so gar wenig ausrichten könne und mit einer fast
thierischen Tölpelhaftigkeit zu kämpfen habe.
Lesebuch.
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