1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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144. Pie Kreuzige.
(1096—1291.)
Das heilige Land, wohin man seit Konstantin dem Großen (um
325 n. Chr.) zahlreich wallfahrtete, war im Jahr 637 in die Hände
der Araber gefallen. Vorerst ließen diese die Pilger ungehindert, schon
um der Abgaben willen, die sie entrichten mußten. Indessen eroberten
die Seldschucken, ein Volk von türkischer Abkunft, das hinter dem kaspi-
schen Meer seinen Wohnsitz hatte, ums Jahr 1076 Syrien und Jeru-
salem , und nun wurden die Pilger aufs schreiendste vor und in Jeru-
salem mißhandelt. Schon der mächtige Pabst Gregor Vii. hatte auf
Hülfe gedacht. Da erschien plötzlich ein französischer Einsiedler, Peter
von Amiens, welcher Augenzeuge jener Mißhandlungen gewesen war, vor-
dem Pabst Urban Ii. mit der dringendsten Bitte um Hülfe wider die
Ungläubigen (Muhammedaner). Er erhielt Erlaubniß umherzuziehen; und
auf einem Esel reitend, in ein härenes Pilgerkleib gehüllt, mit einem
Strick umgürtet, das Kreuz in der Hand und baarfuß durchzog er
Städte und Länder, und schilderte aus Gassen und Straßen, auf Märk-
ten und in Kirchen mit glühenden Farben und unter heißen Thränen-
strömen die Bedrängnisse des heiligen Landes. Bald glühte ein Feuer
der Begeisterung durch die ganze Christenheit, und endlich wurde auf
zwei Kirchenversammlungen ein Heereszug nach dem gelobten Lande be-
schlossen. „Gott will es! Gott will es!" so erscholls aus tausend
Kehlen. Hohe und Niedere drängten sich herzu, das rothe Kreuz von
Tuch oder Seide aus den Händen der Geistlichen zu empfangen, das
sie an die rechte Schulter hefteten. Die also Bezeichneten nannte man
deßwegen Kreuzfahrer, und die Heereszüge selbst Kreuzzüge. Große Ver-
sprechungen wurden an die Theilnahme geknüpft, namentlich vollständige
Vergebung der Sünden. Manche freilich ließen sich nur durch weltliche
Rücksichten, z. B. um sich ihren Gläubigern zu entziehen oder um nicht
für feig zu gelten, leiten. So begann eine der größten Bewegungen,
welche die Weltgeschichte kennt, und die fast zweihundert Jahre lang
fortdauerte.
Die ersten Schwärme, die beiläufig 200,000 Mann betrugen, waren
freilich nur zusammengelaufenes Gesindel; sie zogen voraus und fanden
größtentheils ihren Tod, ehe sie noch etwas vom heiligen Land gesehen
hattep. Den eigentlichen ersten Kreuzzug, der im Jahr 1096 begann,
führte Gottfried von Bouillon an, ein edler, tapferer und from-
mer Herzog aus Frankreich. Mit 90,000 Streitern zog dieser über
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