1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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gegen sie angewandt worden, und es fehlte an Kerkern, um alle der
Ketzerei wegen Verklagte gefangen zu halten. Da ließ der Pabst
Innocenz Ui. einen förmlichen Kreuzzug gegen die mit den Waldensern
verbundenen Albigenser (von der Stadt Alby im südlichen Frankreich
so genannt) unternehmen, wie man vom Jahre 1096 an Kreuzzüge
gegen die Muhammedaner im heiligen Lande geführt hatte; Jedem,
der daran Theil nehmen würde, versprach er vollkommene Vergebung
seiner Sünden. Bald brach ein Heer von 300,000 Kriegern oder
sogenannten Kreuzfahrern in das Land der Albigenser ein, welche in
der Stadt Toulouse ihren Hanptsitz hatten. Nun begann vom
Jahr 1209 an ein zwanzigjähriger Vertilgungskrieg gegen dieses
Märtyrervolk; denn die Ketzer sollten — das war des Pabstes Be-
fehl — ausgerottet werden. Männer und Weiber wurden gleich
grausam umgebracht, Greise und Säuglinge mußten sterben, kein Alter
und Geschlecht schonte das Würgerschwert, und es wurden Martern
und Qualen ersonnen, vor denen die Natur schaudert. Ihre Woh-
nungen wurden zerstört, ganze Dörfer mit Soldaten umstellt, dann
angezündet und samt den Einwohnern verbrannt, ihr Vieh erwürgt,
ihre Saaten zertreten, ihre Bäume umgehauen, und das Land zu
einer furchtbaren Einöde gemacht.
Die erste blutige Verfolgung, die von 1209 bis 1229 währte,
kostete fast einer Million Waldenser und Albigenser das Leben. Und
bis in unser Jahrhundert herein wurden sie von Zeit zu Zeit immer
aufs neue verfolgt.
Während dieses ersten Kreuzzugs in Frankreich litten die Wal-
denser in andern Gegenden zwanzig Jahre lang eine Hauptverfolgung
durch die sogenannte Inquisition oder das Glanbensgericht. Dies
war ein geistlicher Gerichtshof, der jeden der Ketzerei Verdächtigen in
Untersuchung zog und bestrafte. Der Pabst Innocenz Hl hatte die-
selbe ganz besonders der Waldenser wegen angeordnet. Die Anzahl
der vom Glaubensgericht Verhafteten war zuweilen so groß, daß man
nicht Gefängnisse genug für sie bauen, noch die Kosten ihres Unter-
halts für sie bestreiten konnte. Das Glanbensgericht bediente sich
verschiedener Straf- und Vertilgungsmittel: die sogenannten Ketzer-
würden verjagt, gehenkt, verbrannt, oft in großer Menge; man er-
säufte sie; man zwickte sie mit eisernen Zangen; sie wurden reißenden
Thieren vorgeworfen, erdrosselt; man ließ sie zu Tode hungern; sie
wurden -zersägt, zermalmt, in Stücke zerschnitten, mit abgezogener Haut
ans dem Rost gebraten u. s. w., — Alles angeblich zur Ehre Gottes