1854 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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seines schlafenden Kindes, die er morgen beide wird erquicken können. Wenn
die Kräfte nicht mehr aushalten, wenn die Augenlieder zusammensinken
wollen, sieht er die beiden Schlafenden an, die matte Hand erhält neue
Kraft, wenn er sie auf die kranke, heiße Hand seiner lieben Frau, oder auf
die heute recht bleich aussehende Wange des Kindes legt; so ist gegen
Morgen die Kleidung fertig. Er trägt sie zur bestimmten Stunde dem
Fremden hin, und dieser findet sie so vollkommen nach seinem Wunsche,
daß er dem armen Schneider mehr gibt als gewöhnlich, ■ und da er die
Freudenthränen sieht auf der bleichen Wange, noch mehr. Der Arme geht
und erquickt sich und die Seinen.
Aber sein gestriges Abendgebet aus dem geängstigten und zerschlagenen
Herzen war auf eine Weise erhört worden, wie er sichs heute, so sehr auch
seine Seele voll Freude und Hoffnung, sein Mund voll Dankes war, nicht
träumen konnte. Der Fremde blieb diesen Tag noch in Altenburg. Bei
einem gar sonderbaren Zufall, der in einer vornehmen Gesellschaft, wobei
der Fremde war, sich ereignete, fand er eine sehr gute Gelegenheit, den armen
Schneider als einen in seinem Handwerk ganz vorzüglich geschickten Meister
anzuempfehlen. Mehrere Anwesende merkten sich Wohnung und Namen,
und von nun an fand H. so viel Arbeit, daß er sich nie mehr mit den Seinen
hungrig schlafen legen durfte und daß er später sein Auskommen sehr gut
hatte.
187. Denksprüche.
1. Lotteriezettel sind Eingangszettel ins Bettelhaus.
2. Bettelstab ist das härteste Holz.
3. Spar' in der Zeit, so hast dn in der Noth.
4. Dem Fleißigen guckt der Hunger wohl ins Fenster, darf aber
nicht ins Haus kommen.
5. Der Herr muß selber sein der Knecht,
Will ers im Hause haben recht.
6. Den Geschickten hält man werth,
Den Ungeschickten Niemand begehrt.
7. Wer sich im Haus um den Nagel nicht kümmert, dem faulen
die Sparren.
8. Der Groschen, den das-Weib erspart, ist so gut, als der
Groschen, den der Mann erwirbt.
9. Man muß nicht mit Sechsen fahren, wenn man nur für
Zwei Futter hat.
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