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1. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 270

1860 - Stuttgart : Hallberger
den bewohnt war. Hier hatten sie während des ganzen jüdischen Kriegs eine sichere Freistätte. Der damalige römische Kaiser Nero übertrug jetzt dem Vespasian, einem berühmten Feldherrn, den Oberbefehl gegen die Juden, und mit 6«,000 Streitern zog dieser gegen das empörte Land. Allein die Juden ließen den Muth nicht sinken; und obwohl sie den kriegserfahrenen Römern an Macht weit nachstanden, so wäre doch vielleicht ihr wilder Eifer und ihr Religionshaß gegen die verachteten Heiden im Staude gewesen, das Fehlende zu ersetzen. Allein ein zweiter Uebelstand mußte immer fühlbarer werden. Zu einem siegreichen Widerstand hätte das Volk eines obersten Anführers, eines von Allen anerkannten Messias, bedurft; dieser aber fehlte und konnte gar nicht kommen. Mehrere warfen sich zu Führern auf, von denen jeder sich selbst für den Messias ausgab, dagegen von den andern wieder verwor- fen wurde. So lähmte die innere Zwietracht, die öfters in offene Feindseligkeit aus- brach, den Widerstand der Juden gegen die ohnehin übermächtigen Römer. Vespasian wandte sich zuerst nach Galiläa, wo der jüdische Geschichtschreiber Josephus die Heeresmacht gegen die Römer befehligte. Hier eroberte er die festen Städte und Flecken, wobei schon über 40,000 Juden um das Leben kamen, und Josephus selbst gefangen wurde. Unterdessen hatte Kaiser Nero ein Ende mit Schrecken gefunden, und das römische Heer in Syrien rief seinen Feldherrn Vespasian zum Kaiser aus. Dieser ging nach Nom, um sich die Krone zu sichern und überließ seinem Sohn Titus die Fortsetzung des jüdischen Kriegs. Durch die Einnahme der Hauptstadt sollte dieser geendigt werden. Als Titus vor dieselbe rückte, hatte das Werk der Zwietracht in ihrem Innern bereits begonnen. Den Neichen und Vornehmen wurde bang für ihren Reichthum und ihr gemächliches Leben; sie wünschten daher dem Krieg durch zeitige Unterwerfung ein Ende zu machen und die Zerstörung der Stadt abzuwenden. Dadurch wurden aber die Eiferer um das Gesetz, welche die Uebermacht in der Stadt hatten, nur desto mehr ausgebracht, so daß sie über die Häupter der friedliebenden Partei her- sielen und eine große Anzahl derselben, darunter auch die Hohenpriester, ermordeten. Aber auch diejenigen, welche in dem Entschluß, den Widerstand bis aufs Aeußerfte fortzusetzen, übereinstimmten, waren unter sich in mehrere Parteien getheilt, und öfters, wenn die Feinde von außen unthätig waren, brach der Parteihaß im Innern der Stadt in offenen Bürgerkrieg aus. Tag und Nacht währte das Geschrei und Toben der Kämpfenden, und in der heillosen Verwirrung verbrannte eine solche Menge Getreide in der Stadt, daß dadurch hauptsächlich die später entstandene, ent- setzliche Hungersnoth veranlaßt wurde. Es war gerade Osterzeit des Jahres 70 nach Chr. Geburt; und des Festes wegen war eine Menge fremder Inden in Jerusalem zusammengeströmt. Josephus schätzt die ganze Zahl der Anwesenden auf fast 3,000,000. Diese Fluth von Menschen wurde durch das anrückende Heer in den engen Raum der Stadt zusammengedrängt, und als in Folge der inneren Unordnung und des Aufruhrs Mord und Brand die belagerte Stadt heimsuchte, da mußte bald unter jener Masse von Menschen die schreck- lichste Hnngersnoth einreißen. Der beispiellose Kampf dauerte vom 12. Mai bis zum 11. Sept. Am fünf- zehnten Tag der Belagerung war es den Römern gelungen, die erste Mauer, welche den Stadttheil Bezetha umschloß, zu nehmen, und neun Tage später eroberten sie auch die zweite Mauer und mit derselben die untere Stadt Akra, so daß die Inden nur noch die Burg Antonia, den Tempel und die obere Stadt Zion behaupten -
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