1860 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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starb später an den Folgen der Mißhandlungen als Blödsinniger im zehnten
Zahr. Dann kam die Reihe an zwei und zwanzig Conventsglieder, auch an
den Herzog von Orleans, Verwandten des Königs Ludwigs Xvi. und Vater
des letzten vertriebenen Königs von Frankieich, Ludwig Philipp; und jetzt
hatte die Guillotine keine Ruhe mehr. Man wüthete auch gegen Künste
und Wissenschaften, als Werkzeuge der Aristokraten, zertrümmerte Kunstwerke
und Denkmäler, entweihte die Königsgräber und hob die Universitäten und
alle Bildungsanstalten auf. Der Jugend schlug man Tafeln moralischer Vor-
schriften an die Straßenecken, und damit, meinte man, könnte sie auskommen.
Das Christenthum wurde förmlich abgeschafft, und man betete fortan die
Vernunft an. Am 10. November feierte man ein Fest der Vernunft, wobei
ein gemeines Weib als Göttin der Vernunft dargestellt wurde. Wer noch
Gebetbücher, Heiligenbilder, Crucifixe sehen ließ, hatte das Leben verwirkt.
Die Kirchen wurden geplündert, und die Geistlichen legten ihre Stellen nieder.
Bald geriethen die Blutmenschen selbst hinter einander, hauptsächlich
durch den Blutdurst des berüchtigten Robespierre. Er brachte es dahin,
daß selbst der schreckliche Danton mit seinem Anhang, weil er allmählich
Mäßigung eintreten lasten wollte, aufs Blutgerüst kam, und daß der Wohl-
fahrtsausschuß zur höchsten Macht gelangte. Von nun an war Robespierre
der oberste Machthaber der Republik, ohne es zu heißen; und jetzt erst wur-
den aus allen Theilen Frankreichs Schlachtopfer herbeigeführt. Inzwischen
wollte er das Christenthum wieder als Staatsreligion gelten lassen und ließ
den Convent beschließen, daß daö französische Volk nuir wieder ein höchstes.
Wesen anerkenne. Ja cs wurde ein Fest des höchsten Wesens gefeiert, bet dem
Robespierre selbst im Glanz eines Priesters und Protectors (Schirmherrn) er-
schien. Dieses Fest machte ihn aber verhaßt; während er durch Schärfung der
Blutgesetze sich helfen wollte, ward man doch endlich seiner habhaft; und itach
gewaltigen Stürmen fiel sein Haupt durch die Guillotine (28. Juli 1794).
Ihm folgten darauf noch zwei und neunzig seiner Anhänger, und die
Schreckensherrschaft hatte ein Ende. Dennoch konnte das Volk noch nicht
frei athmen und hatte noch viele Stürme und Angst durchzumachen, bis die
Jakobiner ganz bezwungen waren.
Unter dem 28. Oktober 1795 machte man die dritte neue Verfaffung
bekannt, welcher zufolge fünf Directoren mit denr Rath der Jüngeren von
500 und dem Rath der Alten von 250 Mitgliedern die Regierung inne
haben sollten. Aber auch diese war von keiner langen Dauer; ihr machte
Napoleon Bonaparte, ein geborener Corsikaner, welcher sich durch glänzende
Siege gegen Oesterreich in Italien und einen abenteuerlichen Kriegszug nach
Egypten großen Ruhm erworben hatte, mit Hülse der Soldaten ein gewalt-
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