1860 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Ein halbes Jahr spater machte der Friede von Campo Formio (1797) dem
ganzen Krieg ein Ende, und Frankreich empfing von Oesterreich das reiche
Belgien als Siegeslohn. Bonapartes Name wurde allenthalben mit Bewun-
derung, in Frankreich mit Entzücken genannt.
England allein hatte an dem Frieden keinen Theil genommen. Da
reifte in der Seele des stolzen Kriegers der kühne Plan, den Türken das
fruchtbare und wohlgelegene Land Egypten zu entreißen, und zugleich von
dort aus die Engländer in Ostindien zu bekriegen. Rasch und unvermuthet
setzte Bonaparte mit einem Heer nach Egypten über. Wenige Stunden von
Kairo, der Hauptstadt dieses Landes, im Angesicht der Pyramiden, kam es zur
entscheidenden Schlacht mit den Mameluken. „Franzosen", rief Bonaparte
seinen Soldaten zu, „vergeßt nicht, daß von den Höhen dieser Denkmäler vier
Jahrtausende auf euch herabschauen!" Glänzend war der Sieg, aber eben so
fürchterlich die Niederlage, welche die französische Flotte durch den englischen
Admiral Nelson bei Abukir erlitt. Ein Eroberungszug nach Syrien schlug
fehl, und aus Frankreich kamen üble Nachrichten. Oesterreich und Rußland
hatten wieder den Krieg begonnen, und alle Heere Frankreichs waren geschla-
gen, im Innern selbst herrschte Verwirrung und Parteiung. Da besteigt Bona-
parte heimlich ein Schiff, entgeht wie durch ein Wunder den verfolgenden
Engländern, landet in Frankreich, zieht wie im Triumph in Paris ein, stürzt
die von Niemanden geachtete Regierung, entwirft eine neue Verfassung und
macht sich zum ersten Consul. Niemand widersetzte sich. Nur von ihm er-
wartete man Rettung. Und er brachte sie. Er ging mit seinem Heer über
den St. Bernhard, faßte die Oesterreicher unvermuthet im Rücken und schlug
sie gänzlich bei Marengo, so- daß sie gedemüthtgt in den Frieden (zu
Lüneville 1801) willigten. — Aber auch im Frieden zeigte sich Vona-
parte groß. Er suchte der Kirche wieder Ansehen und Einfluß auf die Men-
schen zu verschaffen, ließ ein vortreffliches Gesetzbuch entwerfen, prachtvolle
Straßen und Kanäle anlegen, beförderte Handel und Gewerbe und bewirkte
dadurch, daß man ihn (1802) zum lebenslänglichen Consul und (1804)
sogar zum Kaiser von Frankreich ausrief. So wunderbar waren die Schick-
sale dieses Mannes, daß er allmählich vom armen Lieutenant bis zän Kaiser
eines großen Reichs emporstieg. Mit gewaltiger Hand lenkte er Alles nach
seinem Willen, vergab Länder und Kronen, wie es ihm gut däuchte. So
machte er seinen Bruder Ludwig zum König von Holland, seinen Bruder
Joseph zum König von Spanien, seinen Schwager Murat zum König
von Neapel, seinen Stiefsohn Eugen zum Vicekönig von Oberitalien, und
endlich seinen Bruder Hieronymus zum König von Westphalen; so nannte
er ein Reich, welches er aus Braunschweig, Theilen von Preußen, Kur-