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1. Deutsches Lesebuch für die oberen Abtheilungen ein- und mehrklassiger Elementarschulen in der Stadt und auf dem Lande - S. 48

1853 - Frankfurt : Trowitzsch
48 gewöhnen. „Ich scheide," sprach er, „Söhne, lebet wohl! Jedoch zuvor zerbrecht mir diese Pfeile, gebunden, wie sie sind." In größter Eile will Jeder den Befehl vollzieh'»; jedoch umsonst ist ihr Bemüh'n. Der Vater löst hierauf das Band, giebt Jedem einen Pfeil besonders in die Hand: „Zerbrecht mir den," spricht er mit trüben Blikken, und schnell war jeder Pfeil in Stükken. „Merkt, Söhne," rief er, „am zerbrochenen Geschoß: die Eintracht nur macht stark und groß, die Zwietracht stürzet Alles nieder. Lebt wohl! und liebt euch stets als Brüder!" 86. Herr Michel. Michel ward des alten Pächters Mertens Knecht; doch nach wenig Wochen fand er Nichts mehr recht: Kuchen mager, Butter alt, Bette hart und Stube kalt. Wenn die Erbsen- fchüffel auf dem Tisch erschien, tunkt' er seinen Löffel umge- wendet drin; und dann sprach er spöttiglich: „Klebst du dran, so ess' ich dich!" Bald des Dienens müde, sann er hoch umher, nahm ein Weib und dachte: Ha! nun bin ich Herr. Doch so mancher Jugcndtraum ist gar oft nur lauter Schaum. Ach, das eigne Tischchen deckt sich nicht so leicht, wie's am fremden Heerde manchem Michel däucht; auch der uns're fand um's Jahr diesen Spruch nur gar zu wahr, sehnte sich mit Schmerzen, aber ach! zu spät nach der Erbsenschüssel und dem harten Bett'. Immer größer Ward die Noth und die Sorg' um's trock'ne Brot. Nun zum alten Wirthe tritt er flehend ein, einen halben Scheffel Erbsen ihm zu leih'n. Jener schweigt und führet ihn nach der Vorrathskammer hin. Hier am Erbscnhaufen steh'» sie still und stumm, Merten, vor dem Scheffel, kehrt die Schaufel um, stößt sie eilt und spricht für sich: „Klebst du d'ran, so meff' ich dich!" Michel weint. Der Alte sieht's und spricht mit Ernst: „Wohl dir, wenn du weinen und dich bessern lernst! Nimm die Erbsen zum Ge- schenk, und sei meiner eingedenk! Dächten alle jungen Brüder Michels doch an den Erbsen- haufen und den Doppelspruch: Klebst du d'ran, so ess' ich dich! Klebst du d'ran, so mess' ich dich.
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