1853 -
Frankfurt
: Trowitzsch
- Autor: Woysche, Eduard, Baumgart, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Elementarschule, Landschule, Stadtschule
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zertrümmert oder umstürzt. Die für den Wallfischfang bestimmten
Schiffe sind sehr dauerhaft gebaut und haben 6 — 9 Boote bei sich,
die jeden Augenblikk flott gemacht werden können. Das Auslaufen der
Schiffe geschieht im April, damit sie ihre Jagd Ende Mai beginnen
können, die bis in die Mitte des August dauert. Sobald ein Wallfisch
bemerkt wird, nähern sich ihm einige Boote behutsam, und die Jäger suchen
ihn durch eine Harpune, d. i. ein 3 Fuß langes, scharfes, mit Widerhaken
versehenes Eisen, an dem ein langes starkes Seil befestigt ist, zu ver-
wunden. Das verwundete Thier schießt senkrecht und pfeilschnell, oft
in 8 Minuten '/, Meile weit in die Tiefe hinab, und das Seil, welches
auf einer Rolle befindlich ist, muß beständig mit Wasser begossen werven,
damit es sich durch die Schnelligkeit der Bewegung nicht entzünde.
Zuweilen geht der Wallfisch so tief, daß das Seil nicht zureicht und
daher abgehauen werden muß, damit das Boot nicht umgestürzt wird.
Nach etwa einer halben Stunde kommt der Wallfisch wieder auf die
Oberfläche, um zu athmen, und dann wird wieder eine Harpune auf
ihn geschlendert, worauf er wieder, aber kürzere Zeit, untertaucht. Ist
er durch Blutverlust ermattet, so wird er durch lange Lanzen getödtet.
Sobalv er todt ist, wird er an das Schiff gezogen und es springen
mehrere mit langen Messern bewaffnete Matrosen ans ihn und lösen
den Spekk herunter, welcher in einer Dikke von 10—20 Zoll unmit-
telbar unter der Hallt liegt und das ganze ungeheure Thier gleichsam
einkleidet. Aus diesein Spekke lvird durch Hitze der Thran gewonnen,
von dein ein einzelner Wallfisch 30, 50 und mehr Tonnen liefert.
Außer dem Thräne gewährt, wie schon erwähnt, der Wallfisch noch
Nutzen durch seine Barten, die oft 10 Centner wiegen; sie werden tu
den Thranstedereien gereinigt und geben dann das bekannte Tischbein.—
Ein Wall fisch, deren ein Schiff zuweilen 2 oder 3 erlegt, bringt einen
Gewinn voil etwa 5000 Thalern. Merkwürdig ist, daß sich an den
Körper des lebeildeil Walisisches oft Muscheln ansetzen und dort ver-
mehren, wie an einem Felsen.
Die mütterliche Liebe des Wallfisches, der in andern Rükksichten
ein stllmpfstnlliges Thier zu sein scheint, ist auffallend und merkwürdig.
Das Junge, welches die Gefahr nicht kennt, wird leicht harpunirt;
alsdann zeigt sich die Zärtlichkeit der Mittler in so hohem Grade, daß
sic dadurch oft tu die Gewalt der Wallfischfänger gcräth. Wenn daher
alich ein Junges von geringem Werthe ist, da es selten mehr, als eine
Tonne Oel, und oft weniger giebt, so wird doch bisweilen^lagd darauf
gemacht, um die Mutter herbei zu lvkkcn. Diese eilt sogleich zu dem
verwundeten Jungen, steigt mit ihm an die Oberfläche, um zu athmen,
treibt es an, fortzuschwimmen, sucht ihm bei der Flucht behülflich zu
sein, indem sie es unter ihre Flosse nimmt, und verläßt es selten, so
lange es noch lebt. Alsdann ist es gefährlich, ihr zu nähern; aber sie