1845 -
Einbeck
: Ehlers
- Autor: Brakenhoff, Heinrich Ludwig
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
und zur Beförderung der Sittlichlerr. 33
was sie von Andern sahe und hörte, oder erfuhr, musste
sie wieder erzählen; es war ,ihr nicht möglich zu schweigen.
Alles was in der Nachbarschaft vorging, wusste sie, denn
beständig saß sie am Fenster oder vor der Thür, und wenn
sie dann eine Bekannte ansichtig wurde, so hatte sie ihr
allemal Etwas von diesem oder jenem Nachbar oder von
ihren Ältern, Geschwistern und Hausgenossen zu erzählen.
Alles, was in der Schule vorfiel, plauderte sie aus, und
wenn ein Kind Strafe erhalten hatte, so brachte sie es bald
in der halben Stadt umher ; denn Jedem, der ihr begegnete,
erzählte sie es, und gewöhnlich setzte sie noch Etwas hinzu,
so, dass in ihrem Munde Alles größer und schlimmer wurde,
als es wirklich war. Durch diese hässliche Neigung zum
Klatschen zog sie sich bei ihren Mitschülern fast allgemeinen
Hass zu; denn nur diejenigen, welche ihr ähnlich waren,
hielten es mit ihr, alle übrigen verachteten sic. Das that
ihr freilich weh, aber sie war doch nicht darauf bedacht,
sich die hässliche Plauderhaftigkeit abzugewöhnen.
Als sie erwachsen war, musste sie bei fremden Leuten
in Dienste gehen; denn ihre Ältern waren sehr arm. An-
fangs war man immer sehr wohl mit ihr zufrieden, denn
sie war reinlich, ordentlich und willig; aber bald machte
sie sich durch ihre Klatschereien so verhasst, dass man ihr
den Dienst aufsagte. So ging es bei jeder Herrschaft, und
endlich war sie in w Übeln Nus gekommen, dass sie gar
keine Herrschaft mehr finden konnte. Sie musste also ihre
Vaterstadt verlassen, und da sie es auch an fremden -Örtern
nicht besser machte, so hatte sie überall dasselbe Schicksal,
und kam zuletzt so herunter, dass sie nur sehr kümmerlich
von Tagelöhnerarbeit sich ernähren konnte.
19. Ein guter Denkspruch ist ein Freund
in der Noth.
(§incö Tages, da viele Kinder in der Schule zu Mildheim
den aufgegebenen Denkspruch nicht ordentlich auswendig
wussten, erzählte der Lehrer folgende lehrreiche Geschichte,
welche sich zu Mildheim zugetragen hatte.
Valentin, ein junger Bauer, der gute Sohn eines
bösen Vaters, hatte noch bei Lebzeiten desselben den äußerst
verschuldeten und vernachlässigten Ackerhof übernommen, um
seiner Mutter ein ruhiges Älter zu verschaffen. Der arme
Kindcrftelttsj». 4. Auflage. E