1850 -
Leipzig
: Wöller
- Autor: Winter, Georg Andreas
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Karl war auch ein großer Freund der Dichtkunst. Er ließ daher
durch eine Gesellschaft gelehrter Männer sorgfältig alle Volkslieder
der alten Dichter sammeln und aufbewahren. Sie find aber leider i
wieder verloren gegangen. Um die müßigen Mönche in ihren Klöstern
nützlich zu beschäftigen, ließ er sie anhalten, die alten guten Schrif-
ten der Griechen und Römer abzuschreiben, und Bibliotheken anzu-
legen; er selbst sammelte für sich eine ansehnliche Menge Handschrif-
ten. Durch dieses Bestreben Karls wurden in den Klöstern sehr
zahlreiche gute Werke vor dem Untergange bewahrt und bis auf
unsere Zeiten erhalten.
Wir wollen glauben, daß Karl auch nur aus Liebe zum Guten
die heidnischen Sachsen zu unterjochen suchte. Er hatte von seinen
Bischöfen und Priestern gehört, daß die Bekehrung der Heiden ein
höchst verdienstliches Werk, und nichts so sehr geeignet sei, die rau-
hen Sitten ungebildeter Völker zu mildern, als die christliche Reli-
gion. Da nun die Sachsen ihrem alten heidnischen Glauben durch-
aus nicht entsagen wollten, und alle Apostel, die ihnen die christliche
Religion predigten, todtschlugen, so wollte Karl sie mit Gewalt der
Waffen zwingen, sich taufen zu lassen. Allein das ging so leicht
nicht, als er sich vielleicht vorgestellt hatte; denn die Sachsen waren
ein kriegerisches Volk, das sich muthig wehrte und seine Freiheit ver-
theidigte. Karl drang zwar bis zur Weser vor und zerstörte die be-
rühmte Jrmensäule im Püderbornischen, die einem allgemein verehr-
ten Götzen geheiligt war; allein der Friede, den er dadurch erzwang,
war nur von kurzer Dauer. Während Karl in einem andern Kriege
gegen die Longobarden ganz Oberitalien eroberte, fielen die Sachsen
in seine fränkischen Lande ein, und hauseten da gar übel. Er eilte zwar
zurück, schlug sie, und stellte die Ruhe wieder her: doch kaum hatte
er den Rücken gewandt, so empörten sie sich auf's Neue. Sie wur-
den abermals überwunden. Um sie fortan besser im Zaume zu hallen,
ließ Karl nunmehr viele feste Plätze in ihrem Lande erbauen, und
legte fränkische Besatzung hinein; auch Kirchen ließ er anlegen und
Geistliche darin anstellen, die den Auftrag erhielten, die Sachsen in
der christlichen Religion zu unterrichten und zu taufen.
Allein mit diesem hartnäckigen Volke war nicht so leicht fertig zu
werden. Karl mußte einen Kriegszug nach Spanien unternehmen.
Kaum hörten die Sachsen, er sei außer Land, so verjagten sie die
ihnen aufgedrungenen Mönche und Priester und suchten sich wieder
frei zu machen, wie vorher. Sie hatten einen tapfern Anführer,
Namens Wittekind, unter dem sie auf fränkischem Gebiete plün-
derten, sengten und mordeten. Karl eilte aus Spanien zurück; Wit-
tekind wurde geschlagen, er mußte fliehen, und der Sieger ließ in
seinem Grimme mehre hundert gefangene Sachsen vorführen und