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1. Für die Oberklassen - S. 349

1850 - Leipzig : Wöller
349 Da erschien das Jahr 1848. Niemand ahnete — obwohl scharf- blickenden Männern nicht unverborgen sein konnte, daß sich bald hochwichtige Begebenheiten ereignen müßten — daß es so große, so tiefeingreifende Ereignisse bringen würde. Frankreich, oder richtiger Frankreichs Hauptstadt, „Paris" war es wieder, das, wie 59 Jahre früher, den Reigen eröffnete. Binnen 24 Stunden (den 23. und 24. Februar) stürzte es eine der mächtigsten Monarchien Europa's und verwandelte sie in eine Republik. Ludwig Philipp, seit 1830 König von Frankreich, hatte nämlich seit Jahren, nur um die Herrschaft seines Hauses über Frankreich zu befestigen, mehre gerechte und gegründete Wünsche des französischen Volkes (ein besseres Wahl- gesetz, Verminderung des großen Heeres königlicher Beamter rc.) unerfüllt gelassen. Da kam es am 22. Febr. zwischen Volk und Regierung zu einem Zusammenstoße. Zeitiges und kluges Nach- geben Seiten des Königs würde das Zerwürfniß sofort ausgeglichen haben. Doch der König folgte falschen Rathgebern. Er gab nicht nach. Am 23. Febr. nahmen die Unruhen schon einen bedenklichen Charakter an. Auf den Straßen von Paris floß bereits Bürger- blut. Der König machte Zugeständnisse und schon schien alles aus dem Punkte zu einer allgemeinen Aussöhnung zu sein. Da wollte ein furchtbares Mißgeschick, daß in den Abendstunden des 23. Febr. von einer Abtheilung Militair, die den Palast des Ministers des Auswärtigen besetzt hielt, auf einen Volkshausen geschoffen wurde, weil der Oberst des Militairs glaubte, das Volk beabsichtige einen Angriff auf den Palast des Ministers. Dieses unheilvolle Feuern der Soldaten gab dem Zustande der Dinge eine furchtbare Wendung. Der Volkshaufe zerstreute sich wuthentbrannt durch alle Straßen von Paris und schrie: „Zu den Waffen! Verrath! Verrath!" Die Sturmglocken ertönten, Trommeln wirbelten, Tausende von Fackeln erleuchteten die Nacht, Barrikaden wurden errichtet, das Straßen- pflaster wurde von der wüthenden Menge aufgerissen, und als der Morgen des 24. Februars anbrach, hatte sich der Volksauflauf in eine — Revolution verwandelt. Der König gewährte nun die Umgestaltung des Wahlgesetzes, aber — es war „zu spät!" Jetzt weigerten sich auch mehre Regimenter, noch länger auf das Volk zu schießen. Die Kanonen verstummten und fast sämmtliche Trup- pen übergaben ihre Waffen dem Volke. Das Volk tobte dem könig- lichen Schlosse zu. Gegen Mittag entsagte der König der Krone zu Gunsten seines Enkels, des Grafen von Paris, eines zehnjährigen Knaben, unter der Regentschaft der Herzogin von Orleans (Mutter des Grafen von Paris). Auch diese Zugeständnisse kamen — „zu spät!" Der König und seine Gemahlin verließen in Eile das Schloß, flohen aus Paris und kamen nach mehrern Tagen in Eng-
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