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- S. 57
1856 -
Breslau
: Leuckart
- Autor: Rendschmidt, Felix
- Hrsg.: Kühn, Franz
- Auflagennummer (WdK): 211
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius. 57
Lohn für ihre Verdienste; wie Belisar, so wurde der siegreiche
Nurses von den neidischen Großen beim Kaiser angeschwärzt und
unter bittern Kränkungen von seinem Posten in Italien abberufen.
Er ging nicht nach Konstantinopel, sondern nach Neapel, sandte
Boten an die in Ungarn hausenden Longobarden und ließ ihnen
sagen: sie möchten das armselige Pannonien verlassen und von dem
gesegneten Italien Besitz nehmen. Alboin, König der Longobar-
den, brach mit seinem ganzen Volke und 20,000 Sachsen auf, be-
reitete überall Furcht und Schrecken wie ein zweiter Attila und
gründete ein neues Reich, noch heut die Lombardei genannt. Das
war die letzte Bewegung der großen Völkerwanderung.
Unter allen Den Reichen, die auf den Trümmern des römischen
gegründet wurden, hatte nur das fränkische Dauer. Im
Jahre 482 stand unter den Franken ein König auf, Klodwig,
aus der Königssamilie der Merowinger. Er war ein kriegslustiger,
herrschsüchtiger Mann, dessen ganzer Sinn nur auf Erweiterung
seiner Herrschaft gerichtet war. Mit den übrigen Fürsten der frän-
kischen Stämme schloß er Bündnisse zur Vernichtung der feindlichen
Völker; hatte er seinen Zweck erreicht, so entzweite er seine Helfer
(die seine Verwandten waren), fiel sie einzeln an, besiegte einen
nach dem andern und vereinigte ihre Länder mit den seinigen.
Auch vertrieb er die letzten Römer aus Gallien und bezwang die
Burgunder und Thüringer. Er vermählte sich mit Klotilde, einer
Nichte des burgundischen Königs, die in der christlichen Religion
erzogen war und ihren ganzen Einfluß aufbot, ihren Gemahl
zum Christen zu machen. Aber sein wildes Gemüth widerstrebte
der milden Lehre; doch als er gegen die Allemannen zog und bei
Zülpich lange nicht zum Siege gelangen konnte, als gar seine
Schaaren wankten und sich zur Flucht anschickten: da gedachte er
dessen, was ihm Klotilde vom mächtigen Christengotte erzählt
halte, und inbrünstig streckte er seine Hände zum Himmel aus und
betete: „Hilf mir, Jesus Christus! denn meine Götter verlassen
mich. Wenn du mir beistehst in Dieser Noth, so will ich an dich
glauben." Und wie durch einen Zauber ordneten sich die Reihen
seiner Krieger und errangen mit der alten Tapferkelt den Sieg.
Klodwig erfüllte nun auch sein Gelübde: am nächsten Weihnachts-
seste ließ er sich feierlich zu Rheims mit 3000 Franken taufen. Er
vergrößerte sein Reich immer mehr und gab ihm den Namen
Frankenreich.
Die Deutschen waren nicht so rohe Barbaren wie die Hun-
nen. Sie zerstörten nicht wie diese von Grund aus alles, was
sie bei den unterjochten Völkern vorfanden, sondern eigneten sich
an, was ihnen zusagte. Daher änderte sich bei ihnen bald gar
manches, namentlich nach der Annahme des Christenthums. Die