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- S. 322
1856 -
Breslau
: Leuckart
- Autor: Rendschmidt, Felix
- Hrsg.: Kühn, Franz
- Auflagennummer (WdK): 211
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Geographie.
In der Regenzeit gießt es fürchterlich, so wie überhaupt Stürme
und Gewitter äußerst heftig sind. Am schrecklichsten Hausen die
Stürme auf den kleinen Antillen, wo sie zuweilen unvermuthet
kommen. Man bemerkt wenige Minuten vor Ausbruch solch eines
verderblichen Windes eine gänzliche Stille und Schwüle der Lust,
ein Roihwerden der Sonne und ein darauffolgendes Bewölken des
Himmels. Ein Orkan verwüstete vor erlichen Jahren mehrere
Inseln. Häuser wurden niedergerissen, Bäume entwurzelt, aus
der Erde gehoben und weit hinweggeschleudert. Das Meer brauste
gegen das Gestade auf, überschwemmte die Ufer und vernichtete
meilenweit alle Felder und Gärten. Neunzig Schiffe, mehrere
hundert Häuser, über 300 Menschen waren in dem Zeitraume von
wenig Minuten vernichtet. — Die meisten der westindischen Inseln
zeichnen sich durch ungemeine Fruchtbarkeit aus. Ihre Haupter-
zeugnisse bestehen in Zucker, Kaffee, Baumwolle, Tabak, Indigo
und Mahagoniholz. Die Bewohner sind Europäer, deren Nach-
kommen und Neger. Kuba, die größte der Antillen, und Por-
toriko gehören den Spaniern; Jamaika, Antigua, Barba-
does, Trinidad und andere den Engländern. Frankreich besitzt
Martinik und Guadeloupe. Die Holländer haben Curassao
und Aruba.
Australien.
So nennt man das Festland Neuholland nebst einer
Menge Inseln im stillen Weltmeer, diegrößtentheils erst im
vorigen Jahrhundert nach und nach entdeckt worden sind. Die
Kenntniß von Neuholland reicht nicht weit über die Küsten hinaus.
An der Ostküste hat man Gebirge überschritten, die so hoch als die
Karpathen sind, und herrliche Landschaften gefunden. Gegen tau-
send Pflanzenarten wurden entdeckt. Unter den Thieren ist hier
das Känguruh und das merkwürdige Schnabelthier. Es gibt dort
viele Cedern und Akazien; auf der nahe liegenden Vandiemen-
Jnsel stehen Eukalyptusbäume von 100 Fuß Höhe und 30 Fuß
lm Umfange. Treffliche Weiden nähren zahlreiche Heerden fein-
wolliger Schafe von europäischer Abkunft. Die Eingebornen von
Neuholland scheinen zum Negerstamme zu gehören. Sie sind bald
schwarz, bald braun; das Haar ist bei den meisten kraus, der Kopf
affenartig, die Lippen sind dick, die Augen liegen tief. Sie haben
fast keine Bedeckung, bemalen den Körper, besonders das Gesicht,
und tragen Knochen oder Rohr in dem durchbohrten Nasenknorpel.
Ihre Nahrung besteht in Fischen, Muscheln, wildwachsenden
Früchten und Wurzeln; vom Ackerbau wissen sie nichts. Sie be-
sitzen elende Hütten aus Baumzweigen, kein Hausgeräth; selten