1861 -
Trier
: Leistenschneider [u.a.]
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Regionen (OPAC): Trier
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Der Priester geht im feierlichsten Gewände mit dem Aller-
beiligsten unter dem sogenannten Tragehimmel. Weihrauchdüfte
steigen empor, um das fromme Gebet anzudeuten, das der fromme
Gläubige zum Himmel sendet. Selbst der Weg, über den der
Zug geht, ist mit Blumen bestreut, damit auch die leblose Natur
das Jubelfest ihres Schöpfers verherrlichen helfe.
In der katholischen Kirche herrscht auch noch der schöne
Gebrauch, daß die Gemeinden, namentlich auf dem Lande, in
Prozession ihre Feldflur ganz oder theilweise, singend und betend
durchwallen. — Es ist in Wahrheit ein erhebender Anblick —
eine ganze gläubige Gemeinde, nach Alter und Geschlecht wohl-
geordnet, das Bildniß des Gekreuzigten und den Priester in der
Mitte, die flatternden Fahnen voran, in dem großen Tempel der
Natur dem allmächtigen Herrn des Weltalls ihre Anbetung
darbringen zu sehen, und abwechselnd bald Lieder des Lobes,
bald be<3 Dankes und der kindlichen Bitte erschallen zu hören.
Es ist ein schönes Zeugniß des heil. Glaubens an die Allge-
genwart und Allwirkiamkeit des Allerhöchsten. Auch ist es eine
rührende und erbauliche Nachahmung des Heilandes, welcher
ebenfalls öfter in dem großen Gotteshause der Natur die Sei-
nigen um sich her versammelte, und in den schönen Werken
Gottes den allwirkenden Schöpfer und Vater erkennen lehrte.
Es ist wahrhaft erhebend, wenn Väter und Mütter, Jünglinge
und Jungfrauen, Kinder und Greise, Arme und Reiche, Vor-
nehme und Geringe, — Alle, wie eine fromme Familie, entblößten
Hauptes, langsam feierlich dahin wallen, und, den Blick bald
zum Himmel, bald auf die weiten Fluren gerichtet, voll Andacht
wie aus Einem Munde singen:
Blick', o Gott! mit Wohlgefallen
Auf die Flur, die wir durchwallen!
Unser Herz erweitert sich,
Denn es fühlt als Vater dich.
Freudig streuten wir den Samen;
Denn wir streuten ihn im Namen
Dessen, der mit einem Ruf,
Erde, Sonn' und Pflanze schuf.
Säen, Pflanzen hilft noch wenig,
Das Gedeihen gibt kein König;
Keiner hat mit aller Macht
Nur ein Blatt hervorgebracht.
Der so schön die Blumen kleidet,
Der so mild die Vögel weidet,
Alles nährt in Feld und Hain,
Wird auch unser Vater sein.
Laß mit Frucht den Baum sich
schmücken,
Reich an Korn den Halm sich bücken;
An der Rebe Trauben glüh'n,
Wiesen für die Heerden blüh'n!
Schone, Vater! in Gewittern;
Schone, wenn wir flehend zittern!
Ruf' uns ab von bösen Wegen,
Und dein Donner bringe Segen.
Ruhen lassen wir den Samens
In des Allbclebers Namen,
Der den Leib in Gräber sä'st,
Bis er glorreich aufersteht.