1861 -
Trier
: Leistenschneider [u.a.]
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Regionen (OPAC): Trier
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
121 Das Pferd.
Munter hüpft das Füllen auf grünem Rasen, sträubt die kurze
krause Mähne, schwingt sich leicht wie ein Hirsch über die Hecke, schlägt
die kleinen Hufe hoch in die Lüfte, und wie ergriffen vom Windstoße
stürzt es fort, steht plötzlich, und plötzlich wieder umkreist es die ruhig
weidende Stute, von ihren Blicken sorgsam bewacht. Schon verrathen
die schlanken Glieder künftige Kraft und Behendigkeit sein dunkles,
großes Auge Muth, sein Spiel die Kampflust. Es wächst zum Hel-
den, zum beharrlichen Gefährten, zum Freunde des Menschen, treu bis
in den Tod heran.
Edel ist das Pferd, wie aus Erz gegoffen, so fest steht es da,
und dennoch schlank wie ein Reh und so friedlich. Sicher ist sein
Gang, stolz trägt es sein Haupt mit schön gewölbter Stirn und Nase;
das runde, rege Auge mit dem schwarzen Glanze erspäht den Feind,
mit grünem Scheine erleuchtet es den dunkeln Pfad. Es spielt mit
dem spitzen Ohre, erfaßt den verlornen Laut, stutzt, und warnt seinen
Reiter. Zur Seite des schlanken, glatten Nackens fällt die seiden-
schimmernde Mähne. Seine Brust, voll und weich, wie die des Schwans,
stellt sich keck der Gefahr entgegen und der glatte Leib ruht sicher auf
festen Lenden, auf nervigen Füßen. Die eisenfesten Hufe stampfen un-
geduldig den Boden, der volle, glänzend schwarze Schweif fließt ruhig
über das gewölbte Kreuz zur Ferse nieder.
Auf des Reiters Wink springt es auf wie ein Luchs, rennt da-
von, den Hals gestreckt wie ein Adler im Fluge, wie ein Adler leicht,
berührt es kaum die Erde, und es fliegt sein Schweif ihm nach. Die
Bäume fliehen wie Schatten vorüber, der Boden weicht, als stürze er
hinter ihm in den Abgrund. Unter dem Hufe zerbersten die Kiesel,
Funken sprühen umher, es fährt über die feurige Bahn eine schwarze
Wolke auf ihren Blitzen dahin, zurück läßt sie die Stürme und deren
Brausen schweigt. So stürzt es mit dem Araber dem Löwen entgegen.
Dieser wirft die Mähne empor, und weist grinsend und brüllend die
Zähne; er schlägt mit dem Schweife seine Lenden. Jetzt steht er, jetzt
duckt er sich nieder zum Sprunge; da schickt ihm rasch der Jäger die
Lanze zu. Der Löwe achtet nicht den tödtlichen Stoß, mit zerbrochenem
Schafte in der Brust schwingt er sich dem Jäger entgegen; da funkeln
des Pferdes Augen, die Adern spannen sich, die Mähne fliegt, es
dampfen seine Nüstern, die Muskeln spielen und schwellen, und zorn-
wiehernd bäumt es sich auf, schlägt aus; sein eherner Huf hat die
Stirne des Löwen gespalten und ihn zu Boden geschmettert.
Mit dem Krieger zieht das Pferd gegen den Feind, es beißt
schäumend in die Zügel, schüttelt die Mähne, scharrt den Boden,
schnaubend und wiehernd vor Kampflust. Da schmettern die Trompeten,
es erwartet nicht des Reiters Sporn, sprengt entgegen den blitzenden
Lanzenreihen. Es ist Eins mit seinem Führer, Ein Wille beherrscht