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1. Drittes Lesebuch - S. 124

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
124 mes Thier, grausame Qualen sind der Lohn, welcher deiner im Alter wartet. Der Sporn hat mit Narben die Seiten des Pferdes bedeckt, seine Schenlel sind angelaufen, die Füße steif von angestrengter Ar- beit; die Hufe durch die Nägel zerrisien, durch die Zügel, mit denen eine harke Hand es leitete, der Mund erschlafft. Zum elenden Ge- rippe hat das Alter es abgezehrt, das Feuer seiner Augen ist er- loschen ; lebensmüde senkt es sein Haupt. Und dennoch wird ihm keine Ruhe vergönnt, nicht die freundlichen Winke des Reiters leiten es mehr; eine rohe Hand fesselt es an den schweren Karren und führt die Peitsche mit grausamer Uebung. Kaum vermag es noch im düstern, von Spinngeweben ausgekleideten Stalle, aus moderiger Krippe, sein har- tes Futter zu zermalmen. Nur der Tod erlöst es von seinen Leiden. 122. Das Kameel. Der Morgen dämmert über die Wüste: die Karavane schreitet im langen Zuge die kahle, endlose Ebene hin und fördert ihre Schritte nach dem einförmigen Tone der Pfeife. Die Kameele sind mit Ballen beladen, mit Tüchern bedeckt; auf ihnen die Mauren mit bunten Tur- banen und Mänteln, mit Dolch und Säbel, ihren unzertrennlichen Gefährten. Den Kameelen zur Seite gehen die Sclaven. Voran reitet ein brauner, hagerer Araber, der Herr des Zugs. Das ganze bunte Gewimmel ist in eine Wolke von Staub gehüllt. — Die Sonne steigt empor; die Karavane kehrt sich ihr entgegen und begrüßt den Herrn der Schöpfung. Und höher hebt sich die Sonne, ihre Gluth strahlt herab und wieder von der Erde auf. Die wunden Sohlen schmerzen, die Glieder ermatten, brennender Durst peinigt Jeden. Kein Strom zieht die Silberwelle durch ein frisches Grün, weithin ist kein Gesträuch zu erspähen. Auf heißem, schattenlosem Boden schreitet die Karavane. Käme im Sturme eine schwarze Wolke, rissen Blitze die Schleusen des Himmels auf, es würde Rettung den Schmachtenden bringen; das Gebrüll des Löwen wäre ihnen erwünscht, würd'es doch ersehntes Land verheißen. Da liegt mitten in der stillen Wüste ein Quell, ein lebendig Begrabener, der seine leise Stimme vernehmen läßt; das Kameel hat ihn aus der Ferne schon erspürt und plötzlich gewinnt es seine Kräfte wieder, schreitet rasch voran, ihm lustig nach der ganze Zug. Da steht es still und bäumt sich vor Freude. Aus jedem Auge bricht ein lebender Strahl; die matten Glieder durchzuckt elektrisches Feuer. Es stellt sich die Karavane im Kreise; eifrig wird der Boden aufgescharrt, und aus des Grabes Tiefe tritt der Quell glänzend an den Tag, und Alles stürzt hin, sich zu laben am unverwüstlichen Lebensborne. Die erstarrten Züge werden milder, die Augen heiter, der Muth ist gestählt, die Kräfte wachsen. Man lagert sich, die Zelte werden aufgeschlagen, die Thiere gefüttert, mit Sorgfalt vom Staube gereinigt. Da sind alle Drangsale vergessen, Gespräche erheitern die
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