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1. Drittes Lesebuch - S. 194

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
194 1*79. Der Holzhiicker. Ein Bäuerlein fällte die knorrige Eich', Und seufzte und murrte bei jeglichem Streich: „Es ist doch ein Jammer, es ist ein Verdruß, Wie unser Eins immer sich peinigen muß! Wie ist doch der Arme so elend daran! Wär' ich doch ein reicher, vermögender Mann!" Dankommet ein golder, schönlockiger Knab' Im Silbergewande mit goldenem Stab. Er redet gar freundlich das Bäuerlein an: „Gott grüß' dich, du armer, unglücklicher Mann! Verlange, was immer dein Herz nur begehrt; Es sei dir die Bitte zur Stunde gewährt!" Es wird zwar dem Bäu'rlein ganz schau'rlich und bang; Jedoch es bedenkt sich mein Bäu'rlein nicht lang'. Es ziehet gar höflich das Pelzkäpplein ab Und spricht, sich verneigend: „£>, himmlischer Knab'! Ich bitte — weil ihr es doch selber so wollt — Was ich nur berühre, das werde zu Gold!" Da lächelt gar seltsam der lockige Knab', Berühret das Bäu'rlein mit goldenem Stab: „Ich wollte du hättest was Bess'res begehrt; Indessen sei dennoch die Bitte gewährt!" So spricht er, verschwindet in goldenem Duft, Und himmlischer Wohlgeruch füllet die Luft. „Gottlob!" — ruft das Bäu'rlein — „nun bin ich ja reich!" Es prüfet die herrlichen Künste sogleich. Kaum faßt es der -Eiche gekrümmeten Ast, So kracht er von goldener Eichelein Last; Die Blättlein und Knösplein ohn' Ende und Zahl, Sie schimmern von lauterem Golde zumal. „O Wunder, o Freude! Jetzt geh' ich nach Haus; Die Arbeit hier mache ein Anderer aus! Nun esse ich nichts mehr als Braten und Wurst, Und trinke Burgunder und Rheinwein für Durst. Nur diesmal noch ess' ich vom Brot da genug, Und trinke die Letzte aus irdenem Krug." Er langet sein irdenes Krüglein herbei; Wie schwer ist's, wie schimmert's und funkclt's! Ei, Ei! Doch weh! auch das Wasser gerinnet zu Gold, Kein Tröpflein'dem goldenen Kruge entrollt! Er bricht von dem Brote und beißet — o Graus! — Am goldenen Bröcklein die Zähne sich aus. „O Schrecken, o Jammer! Was fang' ich jetzt an? Was hab' ich aus Dummheit und Goldgier gethan! Nichts hilft mir im Hunger die goldene Wurst, Und Gold statt des Weines stillt nimmer den Durst. O, hätt' ich statt Goldes nur Wasser und Brot! Ach, was mir ein Glück schien, das ist jetzt mein Tod!"
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