1861 -
Trier
: Leistenschneider [u.a.]
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Regionen (OPAC): Trier
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Kronen darauf, — es ist das goldene Frauenhaar, — daneben stehen
andere in Hellem, glänzendem Gewände, die ihre Früchte bescheiden
hängen wie kleine Glocken. Es ist ein Sternmoos. Dort wölben
gelblichgrüne Pflänzchen mit vielen Aesten weiche Ruhekissen und bilden
kleine, zartgeschmückte Bogengänge, während in freudigfrischer Farbe,
zart zertheilt, sich andere Arten auf dem dunkeln Grunde des Waldes
schlängeln. Mehr als hundert verschiedene Arten leben still im Wald
und Sumpf, an Stämmen und Felsenwänden, an Mauern und auf
Dächern.
Wie schwach ist doch ein einziges solcher Pflänzchen! Seine
Würzelchen bemerkt man kaum, so feine Fasern sind es. Sein Stengel
ist von Blättchen dicht umhüllt und kaum so dick als ein Fädchen
Zwirn. Tie Blättchen selbst, wie weich und fein find sie, wie zart
und schön geformt. Schwach und hinfällig, vermag ein solches Pflänz-
chen kaum allein zu stehen. Der Wind vertrocknet es, die Sonne
dörrt es aus, der Fußtritt eines Vögleins wirst es um, ja, ein Käfer,
der vorbeiläuft, stößt das einzeln stehende zu Boden. Darum hat der
liebe Gott es auch stets in Gesellschaft wachsen lasten. Tausend und
tausend Pflänzchen einer Art stehen beisammen. Sobald nun Regen
oder Thau herniederträufeln, saugt der ganze Rasen große Mengen
davon auf, während ein einziges Pflänzchen nichts von dem so un-
entbehrlichen Wasser lange festzuhalten vermöchte. Der Wind streicht
ohne Macht über den Rasen hin. Wenn er auch die obern Blätter
etwas trocknet, so ist im Innern desselben doch noch genugsam Vor-
rath, so daß selbst noch davon auf lange Zeit viel übrig bleibt. Die
kleinen Zwerglein, deren eines für sich allein schwächlich dahin sinkt,
richten in Gesellschaft gar manches aus. Sie sind die fleißigen,
guten Geister des dunkeln Waldes. Wenn im rauhen Herbst die
dunkeln Blätter der stolzen Bäume gelb und dürr zur Erde fallen,
wenn Alles todt und leblos scheint, dann ist das Moos am schönsten
grün und wächst am thätigsten. Es fängt die Eicheln und die Rüste
der Buchen und Haseln auf und umhüllt sie weich und warm. Sie
sind die kleinen Kindlein und das Moos ist ihre Mutter. Der kalte
Winter bläst mit scharfem Wind durchs dürre, kahle Buschwerk. Die
Zweige rasseln schaurig aneinander. Die starken Bäume, die im
Sommer so stolz auf's kleine Moos herabsehen, frieren und zittern
im Schneegestöber. Das weiche Moos kriecht an den Stämmen
empor und hüllt sie ringsum ein. Es ist ein warmes Winterkleid
für sie.
Keine Blumen blühen auf den Fluren, selten blicket ein Son-
nenstrahl zwischen düstern Schneewolken hindurch. Es ist ein finsterer
Weg, der uns zwischen Felsen hindurchführt. Da leuchtet es gar selt-
sam aus schwarzer Felsenspalte. Wir treten näher hinzu. Die Höh-
lung der Felsen ist innen überzogen mit einem wunderbaren Moos,