1861 -
Trier
: Leistenschneider [u.a.]
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Regionen (OPAC): Trier
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
444
eine Menge Götter gebaut und sie durch Opfer und Gaben verehrt
hatten, ermordet worden waren. Gegen die zauberischen Künste des
Maxentius, so meinte er ferner, würden die vielen Götter nichts ver-
mögen; da könne nur der Eine wahre Gott helfen. So wandte er
sich denn an diesen und bat ihn demüthigst, er möchte sich ihm doch
zu erkennen geben und ihm bei dem gegenwärtigen Unternehmen bei-
stehen. Und Gott erhörte sein Gebet und offenbarte sich ihm, wie einst
dem flehenden Moses, durch eine Erscheinung.
Als Constantin noch in Gallien an der Spitze seines Heeres da-
hin zog, zeigte sich Nachmittags, da sich die Sonne schon gegen Abend
neigte, über derselben ein Kreuz, aus Lichtstrahlen gebildet, mit der
Aufschrift: „Durch dieses Zeichen wirst du siegen!" Solche Erscheinung
setzte ihn und sein ganzes Heer, das Zeuge derselben war, in außer-
ordentliches Erstaunen. Jedoch wußte er noch nicht, was das Bild
zu bedeuten hätte, und die Nacht überraschte ihn bei seinem Nachsinnen
und seinen Zweifeln. Da bot sich ihm eine andere Erscheinung dar.
Jesus Christus trat zu ihm im Traume mit demselben Zeichen, das
er wachend am Himmel gesehen hatte, und befahl ihm, eine Fahne,
ähnlich jener himmlischen Erscheinung, verfertigen und sie als Zeichen
des Sieges in seinen Kriegen vor dem Heere tragen zu lassen.
Am folgenden Morgen benachrichtigte Constantin seine Freunde
von diesem Traumgesicht, ließ dann alle Künstler, die in Gold und
Edelstein arbeiteten, zu sich kommen und befahl ihnen, eine Fahne,
ganz der Beschreibung gemäß, die er ihnen davon machte, zu verfertigen.
So entstand die Fahne des Kreuzes, „Labarum" genannt,
eine große, mit Goldblech bedeckte Stange, durch die ein Querbalken
in Gestalt eines Kreuzes ging. An der Spitze war eine Krone von
Gold und Edelsteinen befestigt, welche die beiden in einander geschlun-
genen griechischen Anfangsbuchstaben des Namens Christus in sich schloß.
An den Querbalken hing ein viereckiges, seidenes Fahnentuch, purpur-
farbig, mit Gold durchwirkt und mit Edelsteinen besetzt. Ueber dem-
selben, gleich unter dem Zeichen des Kreuzes, sah man die Bilder des
Kaisers und seiner Söhne. Diese eben so kostbare als glänzende
Fahne gebrauchte Constantin in allen seinen Kriegen als ein Mittel
des Schutzes und des Sieges. Fünfzig Soldaten der Leibwache, aus-
gezeichnet durch Körperkraft und frommen Sinn, hatten kein anderes
Geschäft, als-sie zu bewachen und einander im Tragen derselben abzu-
lösen ; und wer sie trug oder nur mit ihrem Dienste beschäftigt war,
hatte mitten unter den Pfeilen der Feinde keine Gefahr oder Ver-
wundung zu fürchten. Wo sich die Fahne des Kreuzes zeigte, wurden
die Feinde in die Flucht getrieben. Als Constantin dies merkte, ließ er
diese Fahne immer dahin tragen, wo die größte Gefahr war, und er
konnte mit Zuversicht auf einen glänzenden Sieg rechnen, indem die
Kraft dieses göttlichen Zeichens alle Soldaten mit neuem Muthe belebte.