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1. Drittes Lesebuch - S. 459

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
459 und sie waren Freunde. O, wie viele Streitigkeiten könnten auf eine so edle Art in Güte beigelegt werden. Einige Zeit nachher reis'te der Erzbischof Werner von Mainz durch die Schweiz nach Rom zum heiligen Vater. Er bat den Grafen von Habsburg um sicheres Geleit durch sein Gebiet, und Rudolph ge- währte es ihm nicht nur mit ritterlicher Höflichkeit, sondern begleitete ihn auch noch viel weiter, als es verlangt worden war. Er unterhielt ihn unterwegs so ausgezeichnet, sprach von allen Dingen mit so viel Geist und Einsicht, daß der Erzbischof eine hohe Meinung von ihm bekam. Beim Abschiede drückte er dem Grafen bieder die Hand und versicherte ihm daß er seiner stets mit Achtung und Liebe gedenken würde. Bald fand sich dazu eine erwünschte Gelegenheit. Es starb der Kaiser, damals ein englischer Prinz, Richard von Cornwallis,° das Reich war ohne Oberhaupt, und die Fürsten wußten nicht, wen sie wählen sollten. Da trat Erzbischof Werner unter ihnen auf, empfahl ihnen mit allem Feuer seiner Beredsamkeit den wackeren und verstän- digen Grafen von Habsburg und brachte es, von andern Fürsten unterstützt, dahin, daß Rudolph gewählt wurde. Dieser hatte nicht im Mindesten von dem Ahnung, was in Betreff seiner in so weiter Ferne vorging. Er war eben damals beschäftigt, die Baseler für seine miß- handelten Knechte und den getödteten Ritter zu züchtigen, und lag mit seinem ganzen Troste vor ihrer Stadt. Hier fanden ihn auch die Ab- geordneten der Reichsfürsten, die ihn mit der höchst unerwarteten Nach- richt überraschten, er sei zum deutschen Kaiser gewählt. Denkt euch sein freudiges Erstaunen und das Jubelgeschrei seines kleinen Heeres! Rudolph fühlte sich dazu tüchtig. Die Kraft, die in ihm lebte, sagte ihm, daß er würdiger als mancher seiner Vorgänger auf dem deutschen Throne sitzen würde. Er stellte daher schnell seine Fehde mit den Baselern ein, verzieh ihnen als Kaiser die Verunglimpfung, welche er als Graf von ihnen erlitten hatte, und zog eiligst nach Aachen, wo- selbst er am 31. October zum Kaiser gekrönt ward. Nach der Feierlichkeit traten die deutschen Fürsten zu ihm, um sich im Besitze ihrer Lande nach hergebrachter Sitte bestätigen und neu belehnen zu lasten. Dies mußte mit dem Zepter geschehen °, aber, siehe da! es war kein Zepter zur Hand. Rudolph, ohne irgend in Ver- legenheit zu gerathen, war schnell gefaßt. Er nahm ein vor ihm stehen- des Crucefix mit den Worten: „Dieses Kreuz, das die Welt erlöset hat, wird ja wohl die Stelle eines Zepters vertreten können !" Allen gefiel diese Rede, und die Fürsten, die schon im Begriffe gewesen waren, sich ohne Huldigung wieder zu entfernen, blieben stehen und wurden ver- mittelst des Kreuzes belehnt. Unter die deutschen Reichsvasallen, d. h. unter die Fürsten, welche dem Kaiser und dem Reiche unterthänig waren, gehörte auch Ottokar
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