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1. Drittes Lesebuch - S. 460

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
460 von Böhmen. Er hatte sich vor dem Regierungsantritte Heinrich's widerrechtlicher Weise des Erzherzogthums Oesterreich bemächtigt. Ru- dolph ließ ihn dreimal auffordern, vor ihm zu erscheinen und die ge- setzliche Belehnung mit Oesterreich nachzusuchen; allein der stolze Mann wollte nicht kommen; denn er hatte sich die Hoffnung gemacht, selbst Kaiser zu werden, und glaubte, er stehe zu hoch, um sich vor einem Rudolph von Habsburg zu demüthigen, der, wie er sich erinnerte, ehe- mals eine Zeit lang unter seinem Heere gedient hatte. Rudolph faßte jedoch bei Ottokar's Widersetzlichkeit bald seinen Entschluß; er bot seine Reichsvasallen auf, stellte sich an ihre Spitze und brach schnell, wie ein Ungewitter in Böhmen ein. Ottokar wurde nach einem blutigen Kampfe überwunden, verlor sein Herzogthum Oesterreich und mußte knieend in Rudolphs Zelt die Huldigung für Böhmen und Mähren leisten. Ottokar war froh, daß es doch wenigstens nicht öffentlich ge- schah ; während er aber so auf den Knieen vor seinem ehemaligen Diener lag, fielen die Umhänge des Gezeltes herab, und das ganze Heer war Zeuge seiner Erniedrigung. Höchst aufgebracht über diesen Schimpf fing Ottokar den Krieg von Neuem an, blieb aber in einer mörderischen, unentschiedenen Schlacht. Rudolph nahm außer Oester- reich auch noch Steiermark und Krain in Besitz; denn auch diese Herr- zogthümer hatte Ottokar neben seinem Königreich Böhmen beseffen. Von dieser Zeit an blieben Rudolphs Nachkommen in dem ruhigen Besitze von Oesterreich, Steiermark und Krain. Zu jenen Zeiten wurde aber in Deutschland ein wildes, unge- bundenes Leben geführt, zumal von den Edelleuten, die sich an Ge- setze nicht kehrten, Krieg unter einander führten, die reisenden Kaufleute räuberisch anfielen und das flachs Land umher nach Herzenslust plün- derten. Jeder suchte sich mit eigener Faust Recht zu verschaffen; des- wegen nennt man auch noch heut zu Tage jene rohen Zeiten die Zeiten des Faust rechts. Rudolph wollte diesen höchst schädlichen Unfug nicht länger dulden und verbot ihn auf's Strengste. Damit aber Niemand sich über Mangel an Gerechtigkeitsliebe beklagen könnte, reis'te er in ganz Deutschland umher, hielt selbst Gericht und schlichtete die Streitigkeiten der Edelleute; die großen Fürsten aber mußten ihm schwören, den Landfrieden zu halten und einander nicht zu bekriegen. Mit den ungehorsamen Raubrittern machte er zuletzt wenig Umstände; er ließ sie aufknüpfen und ihre Burgen niederreißen. Ueber hundert und achtzig solcher Raubnester wurden auf seinen Befehl allein in Thüringen, Franken und Schwaben zerstört. Dafür segneten ihn aber auch alle Bürger als den Wiederbersteller der öffentlichen Ruhe. Rudolph war ein strenger Richter, zugleich aber auch ein äußerst gutmüthiger und nachsichtsvoller Fürst. Beleidigungen, die ihn selbst betrafen, achtete er gar nicht, und wenn ihm die Hofschranzen seine zu große Güte zum Vorwurf machten, sprach er zu ihnen: „Ach, meine
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