1863 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
36
häufige Schneestürze, die den Lawinen der Alpen ähnlich sind;
doch werden sie nicht so verderblich, wie diese. Im Winter sind Schlitten-
fahrten, aus kleinen Handschlitten die Bergabhänge hinab, ein gewöhn-
liches, dem Anscheine nach halsbrechendes Vergnügen, dessen Gefahren
aber die Kühnheit und Gewandtheit der Lenker leicht beseitigt.
Während im Winter der Schnee die Baudner oft entsetzlich be-
lästigt, erfahren sie im Sommer den häufigsten Wechsel von Nebel,
Regen und heiterer Witterung mit Winden und Stürmen. Plötzlich
ziehen Wolken zusammen und vertheilen sich wieder, einen lichten, bald
zerrissenen, bald dichten und zusammenhängenden Schleier um die Gipfel
der Berge ziehend. Schnell entstehen Windstöße von Norden und Süden
und umgekehrt; unerwartet ergießen sich die heftigsten Regengüsse, und
im schnellsten Wechsel erheitert und trübt sich der Himmel. Furchtbare
Gewitter, welche auch im Hochgebirge häufig sind, entladen sich mehr
an den Hängen und Thalrändern; doch treffen die Blitze nicht selten
die höchsten Gipfel der Berge, wie schon oft die Schneekoppe selbst,
namentlich am 18. Oktober 1825 in einer Stunde fünfmal.
Diese schnell wechselnden Erscheinungen in den höhern Regionen
sind, nach der Volkssage, die Launen des gewaltigen Berggeistes
Rübezahl, welcher seit dem dreißigjährigen Kriege diese schauerlich
große Gebirgsgegend beherrscht. In ihm laufen alle Mährchen und
Sagen des Riesengebirges zusammen: bald erscheint er als Mensch,
riesenhaft und rußig, bald auch in verschiedenen Thiergestalten, die
Bewohner der Gegend entweder beglückend oder neckend. Im Ganzen
fft jedoch der Charakter der Sagen vom Rübezahl mehr launenhaft und
komisch, selten tragisch. Seine Launen sind mannigfaltig und ab-
wechselnd, wie das Wetter im Gebirge: er straft diejenigen oft, die
ihn durch Rufen seines Namens necken und reizen; betrügerischen Roß-
händlern verkauft er ein stattliches Pferd, welches sich nachher in einen
Strohwisch verwandelt; Abenteurern wird ihr Pferd, ohne daß sie selbst
es merken, zum Stocke, auf dem sie hernach im lächerlichsten-Aufzuge
durch das Dorf reiten; Armen dagegen füllt er den Korb mit trockenem
Laube, das sie keuchend fortschleppen und nachher in Gold verwandelt
sehen; brave Kinder und rechtschaffene Brautleute beschenkt er öfters. Er
läßt sich statt des mit Unrecht Verurtheilten hängen, zappelt Stunden
lang am Galgen, und wenn man endlich nachsieht, findet man nur
einen Strohwisch. Im höchsten Gebirge duldet er keine Jagd; nicht
einmal Jagdhunde darf man dahin mitnehmen. — Von den hundert
verschiedenen Ableitungen seines Namens ist die bekannteste: er habe sich
von einer schönen Prinzessin foppen lassen, die ihm, während er auf
ihren Befehl die Rüben seines Gartens zählte, entflohen sei.
24. Der Glockenguß zu Breslau.
War einst ein Glockengießer ' Er hatte schon gegossen
Zu Breslau in der Stadt, Viel Glocken gelb und weiß,
Ein ehrenwerther Meister, Für Kirchen und Kapellen
Gewandt in Rath und Tbat. Zu Gottes Lob und Preis