1863 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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läge für die Bildung neuer Zellen, also für das Wachsen der Pflanze.
Darum ist dieser Stoff aber auch weit verbreitet im Pflanzenreich; denn
wie in der Kartoffel ist er auch im Eichbaum, in den Flechten, in dem
Getreide, in den Hülsenfrüchten u. s. w. enthalten. Weil er so außer-
ordentlich leicht in andere Stoffe umgebildet werden kann, so ist er so
sehr zur Ernährung geeignet.
Die Kartoffel hat eben so viele, wie seltsame Verwandte, und ich
möchte doch wohl wissen, ob ihr sie hier zu Lande erkenntet. Was
würdet ihr z. B. zum Nachtschatten sagen, oder zur Judenkirsche,
oder zur Tollkirsche, der Belladonna, oder zum Bilsenkraut,
zum Stechapfel, zum Tabak? Diese Alle sind Verwandte der Kar-
toffel, jedoch wie seltsame! Ist die Kartoffel gleichsam unseres Lebens
guter Engel, so könnten jene die bösen sein; denn sie strotzen voll Gift,
die Judenkirsche ausgenommen. Und doch sind wiederum diese gif-
tigsten aller unserer deuffchen Kräuter heilsame Arzeneien, sorgsam
angewendet in der kundigen Hand des Arztes. Manche Familie un-
ter den Menschen gleicht jener der Kartoffel, wo böse und gute Mit-
glieder unter einer Verwandtschaft vereinigt sind. Macht selbst für
euch die Nutzanwendung!
Iv. Gräfe r.
64. Das Getreide.
Die wichtigsten unserer Feldftüchte gehören zu den Gräsern. Sie
haben deshalb hohle Halme mit wenig Saft und schmalen, sparsam
anliegenden oder herabhängenden Blättern. Die Knotenabsätze, welche
den Halmen hinreichende Festigkeit geben, um eine mit 30 bis 40
Körnern gefüllte Ähre tragen zu können, stehen unten näher beisammen
als oben, weil die weite Röhre mit der dünnen Schale sonst leicht
knicken würde. Die Hohlheit der Halme ist eine sehr weise Einrich-
tung. Dadurch ist nämlich das Getreide leicht zu schneiden, leicht
zusammenzubinden und heimzuschaffen. Das Stroh ist zum Streuen
und Düngen weit geeigneter als irgend ein anderes Gewächs; denn
es giebt ein elastisches Nuhelager für das Vieh, und in seine Höhlun-
gen dringt die Mistjauche mit Leichtigkeit ein, wodurch die schnelle
Verwesung befördert wird. Überdies dient es zu allerlei Kunstarbeiten,
zu Strohhüten, Körben, geflochtenen Decken und Matten. Endlich deckt
man noch an vielen Orten die Dächer mit Stroh, obgleich man gefunden
hat, daß die Wohlfeilheit derselben die Gefahr bei Feuersbrünsten
nicht vergütet. Der tüchtige Landmann weiß sein Stroh jetzt besser
zu verwenden, als es auf das Dach zu legen, und manche Regierun-
gen haben die Strohdächer geradezu verboten. Den Samen tragen
die Halmenfrüchte entweder in Ähren, d. h. in dicht an einander
schließenden Hülsen (Spelzen) oder in Rispen, d. h. in trauben-
artig hängenden gestielten Samenhüllen. Von der ersten Art ist W e izen,
Roggen, Gerste, von der andern der Hafer. Einige Getreide-