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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 207

1863 - Essen : Bädeker
207 Fehme halten zu helfen und zu verhehlen vor Weib und Kind, vor Vater und Mutter, vor Schwester und Bruder, vor Feuer und Wind, vor allem, was die Sonne bescheint, der Regen benetzt, vor allem, was zwischen Himmel und Erde ist" rc. Ein Schöppe, der seinen Eid brach, der sollte der Hände und Augen beraubt und mit herausgerissener Zunge an einem dreifachen Strick, sieben Schuh höher als andere Schelme, gehenkt werden. Sämmtliche Freistühle erkannten den Kaiser für ihr Oberhaupt, machten ihn gleich nach seiner Krönung zu ihrem Mitwissen- den und richteten unter kaiserlichem Ansehen. Von Westphalen aus hatten sie sich über ganz Deutschland verbreitet. Hatte jemand einen Raub oder Mord, oder sonst ein Verbrechen begangen, so hatte er Ursache genug, vor dem furchtbaren Richterstuhle der Wissenden zu zittern, selbst wenn er vor seinem ordentlichen Richter der Strafe schon entgangen war. Er wurde alsdann von einem der Freischöppen vor dem heimlichen Gerichte angegeben, und wenn dieser mit einem Eide erhärtete, daß das Verbrechen wirklich von ihm begangen sei, wurde der Angeklagte zur Verantwortung aufgefordert. Die Vor- ladung geschah aber nicht öffentlich, sondern einer von den Frei- frohnen schlich sich des Nachts ungesehen an die Mauern des Schlosser oder des Hauses, wo der Angegebene wohnte, und schlug die Ladung an die Thür an. Dieser mußte sich dann an einem bestimmten Tage an einem gewissen Orte einstnden, der ihm angegeben ward. Hier «artete seiner schon ein Abgeordneter der heiligen Fehme, der ihn mit verbundenen Augen an den geheimen Ort führte, wo die Richter versammelt waren. Gemeiniglich hielten sie ihre Sitzungen bei Nacht in einem dicken Walde, oder in einer Höhle, oder in einem unter- irdischen Gewölbe. Hier saßen sie vermummt bei schwachem Lichte in schauerlichem Halbdunkel, und tiefe Stille herrschte unter ihnen und rings um sie her. Der Freigraf allein erhob seine Stimme, hielt dem Vorgeladenen das Verbrechen vor, deffen er angeklagt war, und for- derte ihn auf, sich zu vertheidigen. Konnte er sich befriedigend verant- worten, so wurde er freigesprochen und eben so geheimnißvoll, als er gekommen war, wieder weggeführt. Wurde er aber seiner Schuld überwiesen, so wurde er zum Tode verurtheilt und noch in derselben Stunde, nachdem man ihm Zeit gelaffen, seine Seele in einem kurzen Gebete Gott zu empfehlen, mit einem Dolche niedergestoßen oder an einen Baum aufgeknüpft. Gemeiniglich mußte der jüngste Schöppe das Henkeramt verrichten, und alles wurde so geheim gehalten, daß niemand erfuhr, wer der Henker gewesen sei. Stellte sich der Angeklagte nicht auf das erste Mal, so wurde die Vorladung noch zweimal wiederholt. Blieb er auch das dritte Mal aus, so erfolgte die Verurtheilung, und einige von den Freischöppen erhielten den Auftrag, den Spruch der Richter an ihm zu vollziehen. Von nun an wurde er von unsichtbaren Händen verfolgt bis an seinen Tod. Traf ihn einer von den Schöppen an einem einsamen Orte, so stieß er ihm ohne Umstände ein Messer in die Brust, oder knüpfte
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