1863 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Fehme halten zu helfen und zu verhehlen vor Weib und Kind, vor
Vater und Mutter, vor Schwester und Bruder, vor Feuer und Wind,
vor allem, was die Sonne bescheint, der Regen benetzt, vor allem, was
zwischen Himmel und Erde ist" rc. Ein Schöppe, der seinen Eid brach,
der sollte der Hände und Augen beraubt und mit herausgerissener Zunge
an einem dreifachen Strick, sieben Schuh höher als andere Schelme,
gehenkt werden. Sämmtliche Freistühle erkannten den Kaiser für ihr
Oberhaupt, machten ihn gleich nach seiner Krönung zu ihrem Mitwissen-
den und richteten unter kaiserlichem Ansehen. Von Westphalen aus
hatten sie sich über ganz Deutschland verbreitet.
Hatte jemand einen Raub oder Mord, oder sonst ein Verbrechen
begangen, so hatte er Ursache genug, vor dem furchtbaren Richterstuhle
der Wissenden zu zittern, selbst wenn er vor seinem ordentlichen Richter
der Strafe schon entgangen war. Er wurde alsdann von einem der
Freischöppen vor dem heimlichen Gerichte angegeben, und wenn dieser
mit einem Eide erhärtete, daß das Verbrechen wirklich von ihm begangen
sei, wurde der Angeklagte zur Verantwortung aufgefordert. Die Vor-
ladung geschah aber nicht öffentlich, sondern einer von den Frei-
frohnen schlich sich des Nachts ungesehen an die Mauern des Schlosser
oder des Hauses, wo der Angegebene wohnte, und schlug die Ladung
an die Thür an. Dieser mußte sich dann an einem bestimmten Tage
an einem gewissen Orte einstnden, der ihm angegeben ward. Hier
«artete seiner schon ein Abgeordneter der heiligen Fehme, der ihn
mit verbundenen Augen an den geheimen Ort führte, wo die Richter
versammelt waren. Gemeiniglich hielten sie ihre Sitzungen bei Nacht
in einem dicken Walde, oder in einer Höhle, oder in einem unter-
irdischen Gewölbe. Hier saßen sie vermummt bei schwachem Lichte in
schauerlichem Halbdunkel, und tiefe Stille herrschte unter ihnen und
rings um sie her. Der Freigraf allein erhob seine Stimme, hielt dem
Vorgeladenen das Verbrechen vor, deffen er angeklagt war, und for-
derte ihn auf, sich zu vertheidigen. Konnte er sich befriedigend verant-
worten, so wurde er freigesprochen und eben so geheimnißvoll, als er
gekommen war, wieder weggeführt. Wurde er aber seiner Schuld
überwiesen, so wurde er zum Tode verurtheilt und noch in derselben
Stunde, nachdem man ihm Zeit gelaffen, seine Seele in einem kurzen
Gebete Gott zu empfehlen, mit einem Dolche niedergestoßen oder an
einen Baum aufgeknüpft. Gemeiniglich mußte der jüngste Schöppe
das Henkeramt verrichten, und alles wurde so geheim gehalten, daß
niemand erfuhr, wer der Henker gewesen sei.
Stellte sich der Angeklagte nicht auf das erste Mal, so wurde die
Vorladung noch zweimal wiederholt. Blieb er auch das dritte Mal
aus, so erfolgte die Verurtheilung, und einige von den Freischöppen
erhielten den Auftrag, den Spruch der Richter an ihm zu vollziehen.
Von nun an wurde er von unsichtbaren Händen verfolgt bis an seinen
Tod. Traf ihn einer von den Schöppen an einem einsamen Orte, so
stieß er ihm ohne Umstände ein Messer in die Brust, oder knüpfte