Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 271

1863 - Essen : Bädeker
271 Mit jedem seiner Söhne unterhielt der König sich einzeln Seinen Enkel Friedrich Wilhelm, Sohn des Prinzen von Preußen, gab er sein Schwert, mit dem Bedeuten, dasselbe, wenn er einst König werden sollte, nur für die Gerechtigkeit zu ziehen. Am ersten Pfingstfeiertage, den 7. Juni, nahete sich augenschein- lich die Todesstunde. Die Königliche Familie, die sich in den letzten Tagen immer in der Nähe des Krankenzimmers ausgehalten hatte, hielt am Morgen dieses Tages einen Familiengottesdienst, sich Trost und Stärkung für den Trauerfall zu erflehen. Der Kaiser Nicolaus von Rußland traf an diesem Morgen auch noch ein. Anfangs kannte ihn der König nicht. In einem lichten Augenblicke aber sprach er zum Kaiser sein letztes Wort: „Es geht schlecht!" — Die Domkirche konnte an diesem ersten Pfingstfeiertage die Zahl der Besuchenden nicht fassen. Ernst und feierlich waren die Worte, die man von der Kanzel herab vernahm: „Heute schwebt der Todes- engel über der Residenz, bereit, eine der frommsten und edelsten Seelen in sein Reich zu führen." — Wunderbar war die Wirkung dieser wenigen Worte. Aller Augen füllten sich mit Thränen. — Nachmittags, als die. gesammte Königliche Familie sich wieder im Nebenzimmer des Krankengemachs des Königs befand, wurde dem Kronprinzen, Sr. Majestät unserm jetzt regierenden König, die tief- erschütternde Botschaft gebracht, daß der gefürchtete Augenblick heran- nahe. Sämmtliche Mitglieder des Königlichen Hauses begaben sich nun in das Krankenzimmer und blieben um das Bett des scheidenden- Monarchen. So in der Mitte der Seinigen, die eine Hand von seinem königlichen Nachfolger, die andere von der Fürstin von Liegnitz gehalten, endete Nachmittags 3ij2 Uhr der beste und väterlichste König sein frommes und thatenreiches Leben so ruhig und sanft, daß es erst eines Zeichens der anwesenden Leibärzte bedurfte, um den Umstehenden zu verkünden, daß ihr Königlicher Vater bereits in die höhere Welt hinübergegangen sei. Alle Anwesenden sanken am Sterbelager ans die Kniee und beteten. Mit ihnen trauerte bald sein ganzes Volk in Thränen der Liebe und Dankbarkeit. Ja, so weit die Kunde des Todes unseres Landesvaters nur erscholl, selbst über Europa in andre Welttheile hinaus, wurde aufrichtig über den Tod dieses Gerechten getrauert, und noch ehe es den europäischen Höfen förmlich angezeigt war, daß Friedrich Wilhelm Iii. heimgegangen, legten diese auf die erste Kunde von diesem schmerzlichen Todesfall schon Trauer an. — In der Nacht vom 8. auf den 9. Juni wurde die sterbliche Hülle des verewigten Monarchen aus dem Palais in das Schloß gebracht, wo sie bis zum 11. Juni ausgestellt blieb. An diesem Tage geschah, nach Vorschrift des seligen Königs, die feierliche Beisetzung im Dome, auf welchem Wege dorthin von der Trauermusik des Verstorbenen Lieblingslied: „Was Gott thut, das ist wohlgethan," gespielt wurde. In der folgenden Mitternacht brachte man ohne alles Gepränge die theure Leiche nach Charlottenburg, um neben der Königin Luise in dem
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer