1863 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Mit jedem seiner Söhne unterhielt der König sich einzeln Seinen
Enkel Friedrich Wilhelm, Sohn des Prinzen von Preußen, gab er
sein Schwert, mit dem Bedeuten, dasselbe, wenn er einst König werden
sollte, nur für die Gerechtigkeit zu ziehen.
Am ersten Pfingstfeiertage, den 7. Juni, nahete sich augenschein-
lich die Todesstunde. Die Königliche Familie, die sich in den letzten
Tagen immer in der Nähe des Krankenzimmers ausgehalten hatte,
hielt am Morgen dieses Tages einen Familiengottesdienst, sich Trost
und Stärkung für den Trauerfall zu erflehen. Der Kaiser Nicolaus
von Rußland traf an diesem Morgen auch noch ein. Anfangs kannte
ihn der König nicht. In einem lichten Augenblicke aber sprach er
zum Kaiser sein letztes Wort: „Es geht schlecht!" —
Die Domkirche konnte an diesem ersten Pfingstfeiertage die Zahl
der Besuchenden nicht fassen. Ernst und feierlich waren die Worte,
die man von der Kanzel herab vernahm: „Heute schwebt der Todes-
engel über der Residenz, bereit, eine der frommsten und edelsten Seelen
in sein Reich zu führen." — Wunderbar war die Wirkung dieser
wenigen Worte. Aller Augen füllten sich mit Thränen. —
Nachmittags, als die. gesammte Königliche Familie sich wieder im
Nebenzimmer des Krankengemachs des Königs befand, wurde dem
Kronprinzen, Sr. Majestät unserm jetzt regierenden König, die tief-
erschütternde Botschaft gebracht, daß der gefürchtete Augenblick heran-
nahe. Sämmtliche Mitglieder des Königlichen Hauses begaben sich
nun in das Krankenzimmer und blieben um das Bett des scheidenden-
Monarchen. So in der Mitte der Seinigen, die eine Hand von
seinem königlichen Nachfolger, die andere von der Fürstin von Liegnitz
gehalten, endete Nachmittags 3ij2 Uhr der beste und väterlichste König
sein frommes und thatenreiches Leben so ruhig und sanft, daß es erst
eines Zeichens der anwesenden Leibärzte bedurfte, um den Umstehenden
zu verkünden, daß ihr Königlicher Vater bereits in die höhere Welt
hinübergegangen sei. Alle Anwesenden sanken am Sterbelager ans die
Kniee und beteten. Mit ihnen trauerte bald sein ganzes Volk in
Thränen der Liebe und Dankbarkeit. Ja, so weit die Kunde des
Todes unseres Landesvaters nur erscholl, selbst über Europa in andre
Welttheile hinaus, wurde aufrichtig über den Tod dieses Gerechten
getrauert, und noch ehe es den europäischen Höfen förmlich angezeigt
war, daß Friedrich Wilhelm Iii. heimgegangen, legten diese auf die
erste Kunde von diesem schmerzlichen Todesfall schon Trauer an. —
In der Nacht vom 8. auf den 9. Juni wurde die sterbliche Hülle
des verewigten Monarchen aus dem Palais in das Schloß gebracht,
wo sie bis zum 11. Juni ausgestellt blieb. An diesem Tage geschah,
nach Vorschrift des seligen Königs, die feierliche Beisetzung im Dome,
auf welchem Wege dorthin von der Trauermusik des Verstorbenen
Lieblingslied: „Was Gott thut, das ist wohlgethan," gespielt wurde.
In der folgenden Mitternacht brachte man ohne alles Gepränge die
theure Leiche nach Charlottenburg, um neben der Königin Luise in dem