1863 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Hauptstädten Neapel und Palermo. Die Stadt Messina liegt an der
Meerenge gleichen Namens, unweit von derselben die Liparischen
Inseln, unter denen Stromboli aus einem einzigen Berge be-
steht, der immerwährend brennt, und nach dem sich des Nachts die
Schiffer richten, wie nach einem Leuchtthurme. An seinen frucht-
baren Abhängen wohnen und ackern furchtlos etwa 300 Menschen.
12. Der Ausbruch des Vesuv I. J. 79.
Der grosse und gewaltige Ausbruch des Vesuv am 24. August
i. J. 79 n. Chr. G. ist ein so merkwürdiges Ereigniss, dass ich
es euch etwas ausführlicher darstellen will. An dem ebenerwähnten
Tage erhob sich plötzlich, nachdem der Vesuv seit Menschenge-
denken nicht mehr Lava ausgeworfen hatte, eine ungeheure Rauch-
wolke aus dem Berge; bald schossen Feuerstrahlen aus demselben hervor,
glühende Steine flogen umher, und glühende Asche fiel dicht und
immer dichter mehrere Stunden weit nieder. Die Sonne verlor ihren
Schein, bis endlich dunkle Finsterniss über der ganzen Gegend lag.
Die Erde erbebte, und unter den Tritten der Fliehenden schwankte
der Boden, so dass sie niederstürzten; unterirdischer Donner rollte
dumpf, und in jedem Augenblicke fürchteten die Bewohner den
Einsturz ihrer Städte. Alles floh. Um sich gegen die unerträgliche
Hitze der glühenden Asche zu sichern, band man Kissen auf den
Kopf. Nichts war zu erkennen. Das Rufen, das Geschrei und Ge-
jammer der Armen, die auf dem Felde herumtappend sich nirgends
zurecht zu finden wussten und die Ihrigen vergebens suchten, war
herzzerreissend. Endlich, als der lange und schwere Aschenregen
nachliess und am andern Tage die Sonne, wiewohl mit bleichem
Scheine, wieder hervortrat, bot die ganze Gegend den traurigsten
Anblick dar. Alles war mit Asche und Lava bedeckt. Von den zwei
Städten aber, Herculanum und Pompeji, fand sich keine Spur mehr.
Niemand wusste, wo sie geblieben; man glaubte, die Erde habe sie
verschlungen. Ein schauerliches Schweigen ruhte über ihrem Grabe.
Da geschah es, dass vor etwa anderthalb hundert Jahren (1720) ein
Bauer in jener Gegend einen Brunnen graben wollte; und siehe, er
grub drei schöne weibliche Statuen (Bildsäulen) heraus. Später
forschte man weiter, und wer malt das Erstaunen! — man grub
ein Theater, eine Strasse mit ihren Häusern heraus; kurz man
überzeugte sich, dass man in dem einst durch Asche und glühende
Lava verschütteten Herculanum sich befinde. Später grub man
auch nach dem alten Pompeji, und auch dies wurde gefunden;
und wohl der vierte Theil desselben ist schon ans Licht gebracht.
Das ist nun höchst merkwürdig: in einer unterirdischen Stadt kann
man da umhergehen. Alles liegt noch so da, wie es vor beinahe
1800 Jahren gewesen; und eine recht anschauliche Vorstellung von
dem Leben der alten heidnischen Römer lässt sich hier gewinnen.
Da sieht man noch Stühle und Tische, Lampen, Messer, Flaschen,