1863 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Das europäische Rußland, welches einen Flächenraum von
90,000 Quadratmeilen und 60 Millionen Bewohner hat, ist von
vielen Flüssen (Dwina, Onega, Newa, Düna, Don, Dniepr, Dniester)
durchschnitten, von denen die Wolga, welche in das kaspische Meer
mündet, der bedeutendste, ja der größte Strom in ganz Europa ist.
Von den vielen Seen in Rußland sind, außer dem kaspischen Meere,
der Ladoga- und Onegasee die bedeutendsten. 15 Meilen östlich
von der Mündung der Wolga liegt der Salzsee Elton, der im
Sommer mit einer dicken Salzkruste bedeckt ist, welche die Regierung
dann losbrechen läßt. Die Karpathen, an der Grenze von Ungarn,
und der 300 Meilen lange Ural sind die merkwürdigsten Gebirge, von
denen das letztere die Grenze zwischen Europa und Asien bildet.
Jsks in Rußland kalt oder warm? — fruchtbar oder unfruchtbar? —
Gegen das Eismeer, nach den Leiden Inseln Spitzbergen und
Neu'sembla hin, am äußersten Norden, ist es so kalt, daß die
Erde dort nichts mehr als Moos und hier und da niedriges Birken-
gestrüpp hervorbringt, und trotzdem ist diese Gegend nicht ganz
von Menschen leer, die jedoch nur ein kümmerliches Dasein fristen;
denn schon über Petersburg hinaus kommt das Getreide nur in
wenigen Gegenden zur Reife, und noch weiter nach Norden giebt
es auch keine Garten- und Baumfrüchte mehr. Dagegen sind diese
öden Landstriche reich an Pelzthieren, Federvieh und Fischen. —
In dem mittlern Theile Rußlands ist die Luft gemäßigt und der
Boden fruchtbar, fast wie bei uns. Es fehlt da nicht an Feld-,
Garten- und Baumfrüchten, an fetten Triften, Wäldern,
Wild, Fischen und Hausthieren. In dem südlichen Theile
(Klein-Rußland) ist die Witterung so warm, daß dort Tabak
und Wein, ja sogar Südfrüchte gedeihen, wie sie in Italien wach-
sen. Hier giebt es fast keine Waldungen, aber unabsehbare Step-
pen (hochliegende grasreiche Landstriche), in denen nomadische
Stämme (Hirtenvölker) mit ihren Viehheerden umherirren und große
Gutsbesitzer zahlreiche Schafheerden halten.
An Getreide hat Rußland im Ganzen einen großen Überstuß,
und alle Lebensmittel sind sehr wohlfeil. Es giebt dort aber auch
in Menge Störe, Hausen, Karpfen, Lachse, Hechte und andere
trefstiche Fische. In den Wäldern leben Rennthiere, Elenthiere,
Marder, Zobel, Hermeline, schwarze und weiße Füchse, Wölfe,
Bären und andere Pelzthiere, so wie eine große Anzahl Vögel.
Auch hält man eine Menge zahmes Vieh: Schafe, Schweine,
Rindvieh und Pferde. Die Bergwerke, besonders im Ural, sind
sehr ergiebig an Gold, Platina, Silber, Kupfer und Eisen;
auch fehlt es nicht an Marmor, Schwefel und Salz.
Rußland hat zwei Hauptstädte: Moskau und Petersburg.
Moskau ist der Mittelpunkt des Landhandels und der russischen
Industrie; seit dem Brande im Jahre 1812 ist es schöner, als es
vorher war, wieder aus der Asche gestiegen und hat jetzt 360,000